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Mobbing per Gesetz

Mobbing per Gesetz?

„Mobbing“ ist als systematischer Psychoterror, Schikanen und Intrigen gegen Personen am Arbeitsplatz mit dem Ziel, vermeintliche Konkurrenten loszuwerden, definiert. Jeder, der ein Unternehmen auf welche Art auch immer verlässt, kann einem Kollegen nicht mehr gefährlich werden und sichert dadurch dessen Arbeitsplatz.

Man kann das aber auch etwas anders formulieren, ohne dass sich am Fakt des Mobbings etwas verändert:

„Mobbing“ kann als systematischer Psychoterror, Schikanen und Intrigen gegen Menschen mit Rechtsanspruch auf Unterstützung mit dem Ziel, vermeintliche Anspruchsberechtigte loszuwerden, definiert werden. Jeder, der auf Unterstützung welcher Art auch immer verzichtet, kann den Wohlhabenden nicht mehr gefährlich werden und sichert dadurch deren Gewinne.

Im letzteren Fall zielt die Definition nicht mehr auf Mobbing im Unternehmen, sondern vielmehr auf Mobbing durch Behörden ab. Im letzteren Fall trifft die Definition den Umgang mit Hartz-IV-Abhängigen in den Jobcentern sogar ziemlich exakt, so dass man praktisch schon von Mobbing per Gesetz sprechen kann. Mobbing basiert auf über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig wiederholtem Psychoterror. Der Zeitraum des Unternehmensmobbings wird allgemein als „mindestens einmal die Woche über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr“ definiert. Beim Behördenmobbing darf man – da Behörden langsam arbeiten – von anderen Maßstäben ausgehen. Aber „mindestens zweimal im Vierteljahr über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr“ dürfte es wohl treffen.

Welche Handlungen dann eigentlich „Mobbing“ sind, darüber gibt es zwei Ausarbeitungen – nämlich die aus dem Buch „Mobbing“ von Prof. Dr. Heinz Leymann (Pädagoge und Psychiater) und die Liste von Dr. M. Wolmerath aus „7/2000 ARBEITSRECHT IM BETRIEB 389 Abb. 2: Katalog der 100+ -Mobbinghandlungen“. Ich will mich hier mal auf Leymann beschränken, um den Beitrag nicht ausufern zu lassen.

Leymann differenziert hinsichtlich des Mobbings zwischen:

    1. Angriffen auf die Möglichkeit sich mitzuteilen
    2. Angriffen auf die sozialen Beziehungen
    3. Angriffen auf das soziale Ansehen
    4. Angriffen auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation
    5. Angriffen auf die Gesundheit

Gehen wir das in Bezug auf das SGB respektive Hartz-IV mal der Reihe nach durch.

Punkt 1: Telefonterror (gerne bemüht man „angeblich verschwundene Unterlagen“ oder es wird „die Vermittlungsfähigkeit mit Kontrollanrufen geprüft“), mündliche Drohungen (Sanktionsandrohung), schriftliche Drohungen (Sanktionsandrohung) sowie Anschreien oder lautes Schimpfen (gerne auch mal die eine oder andere Beleidigung, weil der Kunde ja „zur Mitarbeit verpflichtet ist“) sind gegenüber Hartz-IV-Empfängern usus. Ergo: Punkt 1 der Mobbing-Kriterien erfüllt.

Punkt 2: Typisch ist das überlegene Verhalten des „man lässt sich nicht ansprechen“ (der Fallmanager ist grundsätzlich nicht erreichbar, und wenn doch, dann erst nach vorheriger telefonischer Terminabsprache, wozu man aber einen Termin für das Telefonat benötigt, den man nicht bekommt, weil er nicht erreichbar ist oder man scheitert am vorgeschalteten Callcenter). Aber auch in diese Kategorie fällt „das Behandeln der betroffenen Person wie Luft“ (Kürzung des Existenzminimums nach Aktenlage, keine Anhörung Betroffener etc.). Ergo: Punkt 2 der Mobbing-Kriterien erfüllt.

Punkt 3: Angriffe auf das soziale Ansehen beinhalten das Verbreiten von Gerüchten („Hartzies wollen gar nicht arbeiten“), das Lächerlichmachen („ungebildet, unqualifiziert“), die Verdächtigung einer psychisch bedingten Erkrankung („besoffen“), der Zwang zum Ausführen von das Selbstbewusstsein verletzenden Arbeiten (Claudia Hämmerling, Die Grünen: „Hartz-IV-Empfänger könnten als Hundekotkontrolleure eingesetzt werden“) sowie Beschimpfungen („Sozialschmarotzer“). Oder man beurteilt den Arbeitseinsatz in falscher und kränkender Weise (Ursula von der Leyen, CDU: „Man muss die Arbeitslosen bei der Hand nehmen“). Ergo: Punkt 3 der Mobbing-Kriterien erfüllt.

Punkt 4: Die Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation bestehen bspw. aus einer fehlenden Zuweisung von Arbeitsaufgaben (die Jobcenter informieren ihre „Kunden“ nicht über in ihrer Datenbank verzeichnete, freie Stellen) bzw. in der Zuweisung von Aufgaben weit unter dem eigentlichen Können (Gehwegreinigung durch Ingenieure, Techniker etc. im Rahmen von 1-Euro-Jobs oder „Bürgerarbeiter“ in öffentlichen Einrichtungen). Ergo: Punkt 4 der Mobbing-Kriterien erfüllt.

Punkt 5: Angriffe auf die Gesundheit erfolgen zwar vorzugsweise indirekt, doch sie erfolgen nun einmal. Die Anwendung leichter Gewalt, z. B. um jemandem einen Denkzettel zu verpassen, wird durch den Sanktionsparagrafen 31 SGB II legalisiert. Als körperliche Misshandlung kann durchaus das Kürzen oder Entziehen des Existenzminimums herhalten. Und Kosten zum Schaden Betroffener werden schon alleine durch ungerechtfertigte Forderungen der Sachbearbeiter bei der Antragseinreichung verursacht. Ergo: Punkt 5 der Mobbing-Kriterien erfüllt.

Leymann hat Mobbing beginnend mit dem Schulmobbing um 1960 seit den 1980er Jahren in Form des Betriebsmobbings erforscht. Seine heute noch gültige Publikation aus dem Jahr 1993 könnte durchaus Pate für die gut zehn Jahre später eingeführten Hartz-„Reformen“ gestanden haben, allerdings unter umgekehrter Fragestellung, nämlich: „Wie etabliere ich auf der Grundlage von Recht und Gesetz eine Mobbing-Kultur?“ Genau die haben wir nämlich jetzt. Wie im Kleinen, so im Großen.

Allerdings gibt es doch ein paar feine Unterschiede. Mobbing findet unter gleichgestellten Personen statt. Bossing wird von Starken gegen Schwache ausgeübt. Und unter „Bullying“ versteht man eine pathologische Steigerung des Mobbings oder Bossings mit dem Ziel, das Opfer um des reinen Zerstören willens durch Tyrannisieren und Schikanieren zu zerstören. Da stehen wir z. T. heute und wo es noch nicht der Fall ist, da tritt das Bossing auf. Die französische Psychiaterin Marie-France Hirigoyen hat für Mobbende den Terminus „narzistisch Perverse“ geprägt und bezeichnet ihr Verhalten als pathologisch (krankhaft). Und von solchen Leuten lassen wir uns führen, lassen wir uns unsere Gesetze und unsere Meinung machen …

Armes Deutschland!

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  1. Pingback: monopoli - 27 Februar, 2013

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