Zur Struktur des Kultursystems
Gemäß dem umfassenden, an Karl Marx orientierten Kulturbegriffs der DDR, der gleichsam Geisteskultur und Alltagskultur13 – und somit auch die Unterhaltungskunst – einbezog, gestaltete sich der Kulturapparat der DDR entsprechend komplex und war überdies gleich mehreren Zuständigkeitsbereichen untergeordnet.14 Dazu gehörten entsprechende Abteilungen des ZK-Apparates und die Ministerien für Kultur, für Volksbildung und für Hoch- und Fachschulwesen sowie das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport, das Staatssekretariat für Berufsbildung, das Amt für Jugendfragen beim Ministerrat und die mit diesen Fragen befassten Ausschüsse der Volkskammer, durch die der Kulturapparat zentral geleitet und kontrolliert wurde. Auf den unteren Ebenen bestanden Abteilungen für Kultur bei den Räten der Bezirke, Kreise, Städte, Stadtbezirke und Gemeinden sowie ständige Kommissionen für Kultur, die sich aus Abgeordneten der Volksvertretungen und kulturell interessierten Mitgliedern gesellschaftlicher Organisationen rekrutierten.
Als wichtige Kulturschaffende (beispielsweise durch die Organisation von Veranstaltungen in Klub- und Kulturhäusern) fungierten Kulturbund 15, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB), Freie Deutsche Jugend (FDJ), Gesellschaft für Deutsch Sowjetische Freundschaft (DSF) und Urania (Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse).
Dabei bestand eine enge Zusammenarbeit mit Organisationen und Institutionen wie der Akademie der Künste der DDR (AdK), der Gewerkschaft Kunst im FDGB und den verschiedenen Künstlerverbänden, (Schriftstellerverband der DDR, Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR [VKM], Verband bildender Künstler der DDR [VBK], Verband der Theaterschaffenden der DDR, Verband der Film- und Fernsehschaffenden der DDR und Bund der Architekten der DDR). Diese waren mitverantwortlich für die Umsetzung der den Kulturschaffenden gestellten Aufgaben und übten darüber hinaus auch beratende Funktionen bei der Konzipierung der Kulturpolitik aus.16
Zum Bereich Unterhaltungskunst: Organe, Institutionen und Einrichtungen
Die Unterhaltungskunst hatte einen besonderen politisch-ideologischen Stellenwert in der DDR. Gemäß dem marxistisch-leninistischen Kulturbegriff, der die Unterscheidung in „höhere“ und „niedere“ Kultur ablehnt17 , wurde nicht zwischen Kunst und Unterhaltung getrennt. Diese Kluft sei historisch gewachsen durch die Trennung von Herrschern und Beherrschten. Sie könne durch die Umgestaltung der Gesellschaft nach sozialistischen Idealen, also durch die Beseitigung materieller und geistiger Ungleichheit, überwunden werden. Ziel war demnach eine Demokratisierung der Kultur und die Herausbildung „allseits entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten“.
Unterhaltungskunst18 wurde verstanden als ein wesentliches Element sozialistischer Lebensweise und damit als ein im Sozialismus unersetzbares Mittel, das erheblich zum Wohlbefinden der Werktätigen beiträgt und mit dem die kulturellen Massenbedürfnisse befriedigt werden können.19 Jedoch war die Unterhaltungskunst der staatlichen Lenkung unterstellt:
„Die Entwicklung der Unterhaltung und die Befriedigung und Ausprägung sozialistischer Unterhaltungsbedürfnisse bedürfen als feste Bestandteile der sozialistischen Kulturentwicklung der bewußten Führung durch die marxistisch-leninistische Partei und den sozialistischen Staat. Hier werden die besten Erfahrungen auf dem Gebiet der Unterhaltung verallgemeinert, konzeptionelle Orientierungen gegeben und die materiellen Möglichkeiten zur Realisierung der Unterhaltungsbedürfnisse festgelegt.“20
Diese Aufgabe wurde in erster Linie vom Komitee für Unterhaltungskunst wahrgenommen. Es wurde im April 1973 auf Beschluss des Ministerrates der DDR gegründet und war für die einheitliche Entwicklung und Lenkung der Unterhaltungskunst sowie für deren Veranstaltungstätigkeit im In- und Ausland zuständig.21 Zur Koordinierung von künstlerischen und kulturellen Aufgaben, die mehrere zentrale staatliche Organe betrafen sowie als beratendes Gremium war es dem Ministerium für Kultur angegliedert. Es bestand aus etwa 100 Mitgliedern, die sich aus Vertretern des staatlichen Komitees für Fernsehen und Rundfunk, der Künstler-Agentur der DDR, des VEB Deutsche Schallplatten und der verschiedenen Musikverlage, des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler, des VEB-Zentral-Zirkus, Leitern der DEFA-Studios für Spielfilme, dem Vorsitzenden des Koordinierungsrates der Konzert- und Gastspieldirektion sowie ausgewählten Künstlern zusammensetzten.
Im Jahre 1984 wurden beim Komitee für Unterhaltungskunst Arbeitskreise/Sektionen für die Bereiche Artistik, Chanson/Liedermacher, Diskotheken, Gesangsinterpreten, Jazz, Tanz, Tanzmusik, Rockmusik, Wort und Zirkus gebildet. Die beigeordnete Generaldirektion war unter anderem für die politische und künstlerische Zusammenarbeit mit den Interpreten (sowie für die ideologische Kontrolle) und für das Ausrichten der Interpretenwettbewerbe, Chansontage und Leistungsschauen verantwortlich.22
Das Ministerium für Kultur (MfK) wurde durch Verordnung des Ministerrates der DDR vom 7. 1. 1954 gebildet und ersetzte die bis dato tätige Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten, das Staatliche Komitee für Filmwesen und das Amt für Literatur und Verlagswesen. Es hatte die Planung und Leitung der einheitlichen Kulturpolitik zur Aufgabe und war neben anderen kulturellen Bereichen23 für Unterhaltungskunst und Musik verantwortlich. Darüber hinaus unterstanden ihm auch die Volkseigenen Betriebe der Schallplattenproduktion, des Verlags-, Film- und Lichtspielwesens und des Buchhandels, diverse Kulturinstitute, Museen, Opernhäuser und Theater. Das MfK war zuständig für die Erarbeitung konkreter Aufgabenstellungen für die einzelnen kulturellen Bereiche und deren Institutionen gemäß den Perspektiv- und Volkswirtschaftsplänen sowie für die Festlegung der hierfür anzuwendenden Methoden, die Sicherstellung der finanziellen Mittel und die Kontrolle der Durchführung. Ebenso war es verantwortlich für die Grundsatzregelung der Gagen-, Honorar- und Urhebervergütung aller kulturellen Berufe. Zudem sorgte es für die kulturelle Selbstdarstellung der DDR im Ausland (beispielsweise durch Gastspiele) und arbeitete eng mit den einzelnen Künstlerverbänden zusammen. Das MfK verwaltete außerdem durch ein Kuratorium, das sich aus Staats- und Parteifunktionären sowie Vertretern der Massenorganisationen zusammensetzte, den Kulturfond der DDR und entschied über den Einsatz dessen Mittel.24
Der Kulturfond wurde 1949 durch die erste Kulturverordnung eingerichtet. Neben den erheblichen Subventionen des Staates, die eine künstlerische Arbeit frei von finanziellen Zwängen ermöglichen sowie Kultur für alle zugänglich machen sollte, wurden die Künste vor allem durch den Kulturfond finanziell unterstützt. Er speiste sich aus Zuschlägen auf Eintrittskarten für Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen, Ausstellungen, Museen und Filmvorführungen (je 5 Pf), für Tanzvergnügen in Lokalen und Gaststätten (je 10 Pf), auf den Kauf von Schallplatten (10 Pf) und auf die monatliche Fernseh- und Rundfunkgebühr.
Seine Mittel wurden aufgrund von Vorschlägen der Leitungen der Künstlerverbände, der Akademie der Künste, des Kulturbundes, der Gewerkschaft und staatlicher Organe und Institutionen vorrangig für Literatur, bildende und darstellende Kunst sowie für Musik, Unterhaltungskunst, das künstlerische Volksschaffen und zur Unterstützung der kulturellen Massenarbeit eingesetzt.25
Weitere wichtige Institutionen für den Bereich der Unterhaltungskunst waren die Konzert- und Gastspieldirektionen (KGD) sowie die Künstler-Agentur der DDR. Sie entstanden im Jahre 1960 aus dem zentralen VEB Konzert- und Gastspieldirektion. In diesem Schritt wurden die Kompetenzen für das In- und Ausland dezentralisiert: Während die Zuständigkeit für das Ausland der Künstler-Agentur der DDR übertragen wurde, blieb das alleinige Recht zur Organisation und Durchführung von Veranstaltungen sowie zur Vermittlung von Künstlern des ernsten und unterhaltenden Bereichs im Inland den Konzert- und Gastspieldirektionen vorbehalten. Diese existierten in jedem Bezirk und waren den Räten der Bezirke unterstellt. Unterstützung boten sie den Künstlern beispielsweise bei Proberaummieten und Honoraren für Komponisten und Texter. Desweiteren konnten die KGD auch Förderverträge26 mit einzelnen Künstlern schließen.27 „Zur weiteren Entwicklung der Unterhaltungskunst und zur Förderung des Konzertwesens in der DDR“ wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1974 die KGD in Haushaltsorganisationen umgebildet.28
Die Künstler-Agentur besaß das alleinige Recht, Künstler aus der DDR ins Ausland sowie ausländische Künstler in die DDR zu vermitteln, wobei die Vermittlung von DDR-Künstlern der Genehmigung des ZK der SED bedurfte. Für die Zusammenarbeit der europäischen sozialistischen Staaten wurden jährlich Protokollvereinbarungen abgeschlossen. Daneben bestanden in der DDR Rahmenverträge zwischen der Künstler-Agentur und Organisationen wie den Staatlichen Komitees für Radio und Fernsehen, dem VEB Deutsche Schallplatte, den großen Theatern und Orchestern sowie den Konzert- und Gastspieldirektionen.29
In der Honorar- und Gebührenordnung waren die Honorare für Gastspiele ausländischer Künstler in der DDR und von DDR-Künstlern im Ausland festgelegt. So bekamen Gesangssolisten auf dem Gebiet der Unterhaltungskunst aus dem Ausland bis 1000,- M Brutto je Vorstellung, für DDR-Künstler, die im Ausland gastierten, war ein Mindesthonorar von 1500,- M Brutto je Auftritt in der jeweiligen Landeswährung festgelegt.30
Der „Verband Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler“ (VKM), zu dessen Mitgliedern auch Musikerzieher und Interpreten zählten, wurde 1951 gegründet und bestand auf Bezirksebene. 1973 wurde er in „Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR“ umbenannt. Als Beirat des Ministeriums für Kultur, des Rundfunkkomitees, für Musikwissenschaft beim Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen, im Büro für Urheberrechte sowie im Musikrat der DDR verfügte er über ein Mitspracherecht bei Entscheidungen. Darüber hinaus nahm er seit 1963 beratende Funktionen bei der Künstler-Agentur der DDR und der Konzert- und Gastspieldirektion ein. Weiterhin organisierte er verschiedene Musikfestivals, wie die Musik-Bienale-Berlin und die DDR Musiktage sowie wissenschaftliche Kolloquien wie die Reihe „Podium internationale“ (Berlin), bei der Kammermusik anderer Länder vorgestellt wurde. Daneben verfügte er über einen eigenen Verlag Neue Musik, bei dem Partituren zeitgenössischer Komponisten sowie musikwissenschaftliche Arbeiten zum neuen Schaffen in der DDR veröffentlicht wurden. Ebenso erschienen die Zeitschriften „Musik und Gesellschaft“ (gegründet 1951) monatlich und „Beiträge zur Musikwissenschaft“ (gegründet 1959) vierteljährlich bei diesem Verlag. Außerdem war der Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR Betreiber der Internationalen Musikbibliothek (IMB), des Musikinformationszentrums und eines Tonstudios. Er wurde finanziert durch Gebühren der Anstalt zur Wahrung der Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte auf dem Gebiet der Musik der DDR (AWA).31
Da die Unterhaltungsmusik stark unterrepräsentiert war, planten die Künstler die Gründung eines eigenen Verbandes in diesem Bereich. Dessen Vorläufer war eine Sektion beim Komitee für Unterhaltungskunst in Leipzig unter dem Vorsitz des Schlagersängers Frank Schöbel.32
Als Einrichtungen für Tanz- und Unterhaltungsveranstaltungen hatten die Diskotheken die Aufgabe, „zur Herausbildung niveauvoller Kultur- und Bildungsbedürfnisse und damit zur Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten beizutragen.“33 Die Diskothek-Ordnung sowie die „Anordnung über Programmgestaltung bei Unterhaltungs- und Tanzmusik“ vom 2.1.1958 schrieben vor, dass 60 % aller gespielten Titel von Komponisten der DDR oder anderer sozialistischer Länder stammen mussten.34 Von dieser Regelung waren unter anderem besonders die „Schallplattenunterhalter“35 in den Diskotheken betroffen, Rundfunk und Fernsehen sowie Musiker, deren Repertoire vornehmlich aus nachgespielten Stücken westlicher Interpreten bestand. In der Praxis wurde die Repertoirequotenregelung jedoch meist unterlaufen, indem die AWA-Listen entsprechend gefälscht wurden. Darüber hinaus hätte kaum ein Künstler mit einem Repertoire aus nur 40 % westlichen Titeln vor dem Publikum bestanden. Nach Hintze hatte die Einführung der Repertoirequotenregelung, obgleich sie den Spielplan der Künstler stark beschränkte, eine Erhöhung der DDR-Eigenproduktionen in den Medien zur Folge und war somit Voraussetzung für die Herausbildung einer eigenen DDR-Rockmusik.36
Weitere bedeutende Stätten der Unterhaltungsmusik waren die Kultur- und Klubhäuser. Sie standen der gesamten Bevölkerung zur Verfügung und sollten der kulturellen Freizeitgestaltung und der künstlerischen Selbstbetätigung dienen. Durch Neubau oder Umbau vorhandener Gebäude von Staat oder Betrieben geschaffen, waren die Kulturhäuser idealerweise mit einem Saal mit Bühne, einer Bibliothek, technischen Geräten für Filmvorführungen, Musik- und Spielzimmern, Zirkel- und Klubräumen und vielem mehr ausgestattet. Häufig waren ihnen Gaststätten angeschlossen. Die Betriebe, die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG’s) und die gesellschaftlichen Organisationen37 verfügten oft über ein eigenes Kulturhaus. Darüber hinaus gab es hauptamtlich geleitete Kultur und Klubhäuser und ehrenamtlich geleitete Klubs, darunter auch die FDJ-Jugendklubs.38
1989 gab es nach Angaben von Strittmatter in der DDR 337 Kulturhäuser der Volkseigenen Industrie, 23 Kulturhäuser der Volkseigenen Land- und Forstwirtschaft und der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, 454 Staatliche Kulturhäuser und 47 Klubhäuser gesellschaftlicher Organisationen. 1988 waren laut Strittmatter weiterhin 962 hauptamtlich und 8566 nebenamtlich geleitete Jugendklubs statistisch erfasst.39
Zu den zentralen Wettbewerben der Unterhaltungskunst gehörten die Leistungsschau in Leipzig und der Interpretenwettbewerb in Karl-Marx-Stadt, die ab 1970 abwechselnd alle zwei Jahre ausgetragen wurden. Sie wurden von der Generaldirektion des Komitees für Unterhaltungskunst organisiert. Während bei den Interpretenwettbewerben die Leistung des einzelnen Künstlers bewertet wurde, war bei den Leistungsschauen das gesamte Programm entscheidend. Seit Anfang der achtziger Jahre waren auch verstärkt Rockbands bei den Wettbewerben vertreten. Der Interpretenwettbewerb wurde 1984 abgeschafft und durch das Nationale Popfestival abgelöst.40
Für Amateurmusiker bot die FDJ-Werkstattwoche der Jugendtanzmusik41 Gelegenheit, sich von einer professionellen Jury (Musiker, Musikwissenschaftler und -pädagogen) beurteilen und beraten zu lassen. Darüber hinaus wurden die besten Nachwuchsbands mit Förderverträgen, Diplomen und dem Titel „Hervorragendes Amateurtanzorchester der DDR“42 ausgezeichnet. Die Vorauswahl der Bands wurde bei den FDJ-Werkstätten der einzelnen Bezirke getroffen. Organisatoren waren der Zentralrat der FDJ, der Bundesvorstand des FDGB und das Ministerium für Kultur. Die Werkstattwoche war überdies von zentraler Bedeutung für die Kontaktherstellung und -pflege der Musiker untereinander.43
Amateurmusiker benötigten in der ehemaligen DDR eine Spielerlaubnis44, die dem Veranstalter (Kulturhaus, Tanzgaststätte oder ähnliches) vorzulegen war.45 Die Nichteinhaltung dieser Regelung wurde mit Entlassung oder Lizenzentzug des Veranstalters geahndet. Die Spielerlaubnis lief nach zwei Jahren regelmäßig ab und konnte durch das Einstufungsverfahren (neu) erworben werden, welches alle zwei Jahre von den Kreis- und Bezirkskabinetten für Kulturarbeit durchgeführt wurde. Dazu mussten die Bands zuvor eine AWA-Liste46 mit den dort vorzustellenden Stücken abgeben, die auch zwei von der Einstufungskommission festgelegte Pflichttitel enthielt. In der Regel entsprach das dort vorgestellte Programm nicht dem eigentlichen Repertoire der Bands.
Die Kommission begutachtete das technische Können und entschied anschließend über das Gesamtniveau der Gruppe und damit auch über deren Gage. Für eine Elementarstufe standen jedem Künstler der Band 4,- M, für eine Mittelstufe 5,- M, für eine Oberstufe 6,50 M und für eine Sonderklasse 8,- M pro Stunde zu, die der jeweilige Veranstalter zahlen musste. In den Zulassungskommissionen saßen Vertreter der Bezirks- und Kreisarbeitsgemeinschaften Amateurtanzmusik sowie regionaler Organisationen wie FDGB, Kulturbund oder FDJ-Kreis- oder Bezirksleitung. Das bedeutete, dass zu den Kommissionsmitgliedern auch Parteifunktionäre gehörten, deren Aufgabe und Kompetenz weniger in der Einschätzung der musikalischen Leistung der Interpreten denn ihrer ideologischen Konformität bestand.
Die Spielerlaubnis konnte von den Behörden auch willkürlich entzogen werden, was ein Auftrittsverbot bedeutete.47 Für professionell arbeitende Musiker war der Berufsausweis – im Volksmund „Pappe“ genannt – obligatorisch. Dieser galt als Arbeitsplatznachweis (in der DDR bestand Arbeitspflicht) und konnte in der Regel nur durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium erworben werden. Alternativen waren die Abschlussprüfung der Oberstufe in der Tanzmusikklasse einer Musikschule oder eine abgeschlossene externe Prüfung vor einer Kommission, die vom Rat des Bezirks, Abteilung Kultur gebildet wurde und jährlich zusammenkam.48
Die Anforderungen für die Ausstellung von Berufsausweisen waren gesetzlich festgelegt.49 Das Honorar für eine Berufsband wurde mittels eines Einstufungsverfahrens vor einer Honorarkommission festgesetzt. Um ohne Berufsausweis dennoch hauptberuflich Musik auszuüben und der Arbeitsplatzzuweisung zu entgehen, waren viele Amateurmusiker in Scheinberufen tätig, durch die sie auch krankenversichert waren. Besonders Klub- und Kulturhäuser, Tanzgaststätten und Betriebsfeiern boten überdies ausreichende Auftrittsmöglichkeiten, sodass professionell arbeitende Musiker Hintze zufolge in der Regel über einen guten Lebensstandard verfügten.50
1947 gründete der Sänger und Schauspieler Ernst Busch mit Erlaubnis der russischen Militärregierung in Berlin einen Schallplattenverlag namens „AMIGA“.51 1954 wurde „AMIGA“ Teil der monopolistischen DDR-Plattenfirma VEB Deutsche Schallplatten. Das Unterhaltungsmusiklabel vereinigte unter seinem Namen die Genres Rock, Pop, Schlager, Unterhaltungsmusik, Kinderrepertoire, Volksmusik, Jazz, Chanson, und Politisches Lied.52 Rundfunksendungen für nationale Pop- und Rockmusik waren „Beatkiste“, eine Wertungssendung, die von 1971 bis 1990 auf dem Radiosender „Stimme der DDR“ lief, und „Jugendstudio DT 64“. Letztere wurde 1964 anlässlich des Deutschlandtreffens als tägliche Sondersendung des Berliner Rundfunks gegründet und sendete Beiträge aus Kultur, Politik, Sport und Musik und ab 1970 verstärkt Rockmusik. 1986 wurde der Sender „Jugendradio DT 64“ durch einen Zusammenschluss der Sendungen „Jugendstudio DT 64“ und „Hallo – das Jugendjournal“ von „Stimme der DDR“ ins Leben gerufen.53
Die Zeitschriften für die nationale Unterhaltungsmusik waren „Melodie & Rhythmus“ und „Unterhaltungskunst“. „Melodie & Rhythmus“ war monatlich für 1,25 M erhältlich und enthielt hauptsächlich Berichte, Biographien, Kritiken und Anzeigen aus dem Pop- und Jazzbereich. Die ebenfalls monatlich erscheinende Zeitschrift „Unterhaltungskunst“ kostete 1,- M und berichtete über die verschiedenen Genres der Unterhaltungskunst – insbesondere Rockmusik – und enthielt überdies Anzeigenseiten für freischaffende Künstler.54 Dieser umfassende kulturbürokratische Apparat wurde parallel zur Entwicklung der Rockmusik in der DDR auf- und immer weiter ausgebaut, wie im nächsten Kapitel beschrieben wird.
13 Vgl. Langenbucher, Wolfgang R./Rytlewski, Ralf/Weyergraf, Bernd (Hrsg.): Kulturpolitisches Wörterbuch. Bundesrepublik Deutschland/DDR im Vergleich, Stuttgart 1983, S. 390f.
14 zum Kultursystem der DDR siehe Abbildungen 1, 2, 3, 4, Quelle: Groschopp, Horst: Ein System perfekter Kulturverwaltung? Kulturpolitkstrukturen in der DDR bis zum Herbst 1989, in: Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung, Heft 29 (14), Berlin 1991, S. 54-57.
15 Auf allen Gebieten der Kulturpolitik arbeitende Organisation, die sich aus kulturell interessierten Bürgern aller Berufe und Schichten, besonders aber der kulturell tätigen Intelligenz zusammensetzte, mit dem Ziel, als gesellschaftlicher Partner die staatliche sozialistische Kulturpolitik zu unterstützen sowie als Massenorganisation zur Annäherung der Intelligenz an die Arbeiterklasse beizutragen. (Vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985a), S. 764.)
16 Vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985a), S. 774.
17 Vgl. Berger, Manfred (Hrsg.): Kulturpolitisches Wörterbuch, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1970, S. 365.
18 Zur Unterhaltungskunst zählten die Bereiche Artistik, Chanson, Clownerie, Dressur, Jazz, Kabarett, Magie, Puppenspiel, Rock, Schaustellerwesen, Schlagergesang, Unterhaltungsmusik, Varieté und Zirkus. (Vgl. auch Böhme, Waltraud et al. (Hrsg.): Kleines politisches Wörterbuch, Berlin (Ost) 1988, S. 989.)
19 Vgl. Berger, Manfred (Hrsg.): Kulturpolitisches Wörterbuch, 2. erweiterte und überarbeitete Auflage, Berlin (Ost) 1978, S. 698f.
20 Ebd., S. 698.
21 Bis zur Gründung des Komitees für Unterhaltungskunst oblag die Unterhaltungskunst als einer von mehreren kulturellen Bereichen dem Ministerium für Kultur.
22 Vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985b), S. 1394; vgl. Hintze, Götz: Rocklexikon der DDR. Das Lexikon der Bands, Interpreten, Sänger, Texter und Begriffe der DDR Rockgeschichte, 2., erweiterte und überarbeitete Auflage, Berlin 1999/2000, S. 158f.
23 Dazu gehörten Literatur, Verlagswesen und Buchhandel, Lichtspiel- und Filmwesen, Theater, angewandte und bildende Kunst, künstlerisches Volksschaffen, Veranstaltungswesen und künstlerische Hoch- und Fachschulen.
24 Vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985b), S. 905f.
25 Vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985a), S. 767; vgl. Koch (1983), S. 103.
26 Förderverträge beinhalteten finanzielle Zuwendungen, Bereitstellung von Regisseuren, Hilfe bei der Instrumentenbeschaffung und Unterstützung beim Erstellen neuer Programme. (Vgl. Hintze (1999/2000), S. 159.)
27 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 159; vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985a), S. 774 und S. 777.
28 Vgl. 2. Entwurf Anordnung über die Bildung, Aufgaben und Befugnisse der Konzert- und Gastspieldirektionen, Fassung 12.05.1973 (SAPMO BArch DY 43/693).
29 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 166f; vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985a), S. 777.
30 Vgl. Ministerium für Kultur: Honorar- und Gebührenordnung der Künstler-Agentur der Deutschen Demokratischen Republik 19.06.1973 (SAPMO BArch DY 43/693).
31 Vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985b), S. 1404f.
32 Im März des Jahres 1990 wurde der Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR in „Verband Deutscher Komponisten e.V.“ umbenannt. Während sich der Berliner Landesverband mit der Westberliner Sektion des Verbandes Deutscher Komponisten zusammenschloss, scheiterte dieser Versuch auf der gesamtdeutschen Ebene, so dass der Verband seit 1993 als „Verein der Komponisten und Musikwissenschaftler e.V.“ (VKM) in vier Regionalverbänden weiter besteht. (Vgl. Hintze (1999/2000), S. 299.)
33 Anordnung über Diskothekveranstaltungen – Diskothekordnung – vom 15. August 1973, in: Gisela Rüß (Hrsg.): Dokumente zur Kunst-, Literatur- und Kulturpolitik der SED 1971-1974, Bd. 2, Stuttgart 1976, S. 821.
34 Vgl. Anordnung über die Programmgestaltung bei Unterhaltungs- und Tanzmusik vom 2. Januar 1958, in: Schubbe, Elimar (Hrsg.): Dokumente zur Kunst-, Literatur- und Kulturpolitik der SED 1946-1970, Bd. 1, Stuttgart 1972, S. 515.
35 offzieller Begriff in der DDR für Disk-Jockey (DJ)
36 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 245f.
37 Zu den gesellschaftlichen Organisationen gehörten unter anderem der Freie deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD) und die Volkssolidarität (VS).
38 Vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (1985a), S. 776.
39 Vgl. Strittmatter (1993), S. 14.
40 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 139 und S. 173.
42 siehe Abbildung, Quelle: Rauhut, Michael/Kochan, Thomas: Bye bye, Lübben City. Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR, Berlin 2004, S. 287.
43 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 97.
44 siehe dazu Abbildung, Quelle: Groschopp (1991), S. 59.
45 Vgl. Anordnung Nr. 2 über die Ausübung von Tanz- und Unterhaltungsmusik vom 1. November 1965, in: Schubbe (1972), S. 1060f.
46 siehe Abbildung, Quelle: Groschopp (1991), S. 58.
47 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 86f u. S. 277.
48 Vgl. Anordnung über die Ausübung von Tanz- und Unterhaltungsmusik vom 15. Juni 1964, in: Schubbe (1972), S. 995.
49 Vgl. Prüfungsordnung für die Ausstellung von Berufsausweisen zur hauptberuflichen Ausübung von Tanz- und Unterhaltungsmusik vom 30. Juni 1964, in: Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Kultur, Berlin 1964, S. 57f, zit. in: Wicke, Peter: Zwischen Förderung und Reglementierung. Rockmusik im System der DDR-Kulturbürokratie, in: Wicke, Peter/Müller, Lothar (Hrsg.): Rockmusik und Politik: Analysen, Interviews und Dokumente, Berlin 1996, S. 19.
50 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 41.
51 Daneben existierten die Labels Eterna für ernste Musik, Nova für zeitgenössische Musik, Schola für Lehrmaterial für Ausbildungsinstitutionen, Litera für künstlerische Wortbeiträge und Aurora für Aufnahmen von Ernst Busch (ab 1978). Nach der Wende wurden die Bestände von „AMIGA“ von BMGAriola übernommen. (Vgl. Hintze (1999/2000), S. 21ff.)
52 Vgl. AMIGA: Geschichte. Vergangenheit (http://www.amiga-musik.de/vergangenheit.php – Stand 04.05.2006).
53 Nach der Auflösung des DDR-Rundfunks nach der Wende wurde der Sender vom MDR unter dem Namen MDR Sputnik übernommen. (Vgl. Hintze (1999/2000), S. 37f u. S. 144.)
54 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 187 u. S. 297.
Zur Entwicklung der DDR-Rockmusik
In dieser Arbeit kann über die Entwicklung der Rockmusik in der DDR und die politische Auseinandersetzung mit ihr nur ein allgemeiner Überblick gegeben werden, der jedoch die wichtigsten Stationen und Ereignisse aufzeigen soll. An dieser Stelle sei deshalb auf die umfangreichen Publikationen verwiesen, die die Geschichte der Rockmusik in der DDR thematisieren.55
Die Entwicklung der DDR-Rockmusik war stets an kulturpolitische Rahmenbedingungen geknüpft und soll vor diesem Hintergrund betrachtet werden. Gleich der DDR-Gesellschaft war auch die Kultur nach dem Organisationsprinzip56 aufgebaut. Sie war als Ergebnis planender und zielgerichteter Organisations- und Verwaltungstätigkeit konzipiert. Jegliche spontan entstehende, selbstorganisierte, kommerziell vermittelte Kultur – wozu die Rockmusik zählt – war somit nicht vorgesehen. Dieser Konflikt konnte systemintern nicht gelöst werden und musste deshalb durch immer neue Kompromisse in der Kulturpolitik verborgen werden57, wie im Folgenden gezeigt wird. Auch wenn es erst Jahre später eine Verwaltungsstruktur für die populäre Musik gab, war sie bereits im April 1951 auf der Gründungsversammlung des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler (VKM), der eine kulturpolitisch-konzeptionelle Führungsposition innehatte, zentrales Thema. Als „kommerzielle Unterhaltung“ definitorisch von der „humanistischen Kunst“ abgegrenzt, wurde sie für ästhetisch fragwürdig befunden und als staatsgefährdend diffamiert.58 Die 1952 vom VKM gegründete „Arbeitsgruppe Tanzmusik“ legte in ihrer „Anordnung über die Befugnis zur Ausübung von Tanz- und Unterhaltungsmusik“ vom 27. März 1953 fest, dass Tanz und Unterhaltungsmusik in öffentlichen Räumen ausschließlich von Berufsmusikern ausgeführt werden dürfe59, um durch eine Bindung an entsprechende Ausbildungsvoraussetzungen das künstlerische Niveau zu heben. Später wurde diese Regelung unter bestimmten Bedingungen auf Amateurmusiker ausgeweitet.60 Die Prüfungsanforderungen für die Ausstellung von Berufsausweisen wurden 1964 gesetzlich festgelegt.61
Als Mitte der fünfziger Jahre der Rock’n’Roll aufkam, stieß er wie zuvor der Jazz auf offzieller Seite auf Ablehnung und wurde als „westlich dekadente Unkultur“ und als Produkt kapitalistischer Unterhaltungsindustrie kritisiert. Bei der Mehrheit der DDR-Jugend gewann er jedoch schnell an Popularität und wurde vorwiegend mittels westlicher Rundfunkstationen und Schallplatten aus Westberlin rezipiert. In der Folge gründeten sich in der DDR viele Bands, die die Musik ihrer Idole62 nachspielten. Das Ziel der DDR-Führung, eine eigenständige sozialistische Tanzmusik zu etablieren, wurde durch die noch offenen Grenzen erheblich erschwert. Um den Einfluss der westlichen Popularmusik einzudämmen, wurde am 2. Januar 1958 auf Wirken des Verbandes Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler die „Anordnung über die Programmgestaltung bei Unterhaltungs- und Tanzmusik“ (Repertoirequotenregelung63) festgelegt, wonach 60 % der gespielten Stücke von Interpreten aus der DDR oder dem sozialistischen Ausland stammen mussten und der ausländische, devisenpflichtige Teil auf 40 % begrenzt wurde.64 Gleichzeitig wurde der eigene Nachwuchs gefördert, wofür von 1954 bis 1957 das „AMIGA“-Nachwuchsstudio und ab 1957 der Rundfunk verantwortlich waren. 1959 wurde unter dem Musikpädagogen Kurt Peukert an der Berliner Musikschule Friedrichshain eine Tanzmusikklasse eingerichtet.65 Die „Anordnung über die Musikschulen“ vom 12. Oktober 1961 veranlasste, dass auch an anderen Musikschulen der DDR Tanzmusikklassen eingerichtet wurden.66 Zur Koordinierung des theoretischen und ideologischen Vorgehens gegen die Einflüsse westlicher Musik fand vom 13. bis 15. Januar 1959 in Lauchhammer die 1. Tanzmusikkonferenz statt, die vom Ministerium für Kultur, vom Staatlichen Rundfunkkomitee und dem Verband Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler einberufen worden war. Sie legten fest, dass die Tanzmusik eine ideologisch-erzieherische Funktion erfüllen sollte:
„Unser Ziel ist es, daß die Tanzmusik auf ihre Weise mithilft, unsere Menschen im sozialistischen Sinne zu erziehen. [. . . ] Unser großes Ziel ist es auch, auf dem Gebiet der Tanzmusik die Überlegenheit der Deutschen Demokratischen Republik zu beweisen.“67
Ein Ergebnis der Tanzmusikkonferenz war der „Lipsi“, ein DDR-eigener Tanz, der als „sozialistische Alternative“ zum Rock’n’Roll kreiert worden war und „Mode werden“ sollte. Dieser Versuch schlug jedoch um den Preis der Lächerlichkeit fehl.68
Um 1960 setzte mit dem Aufkommen des Twist die Entwicklung zur instrumentalen Gitarrenmusik ein. Führende Vertreter in der DDR waren beispielsweise die „Sputniks“, das „Diana-Show-Quintett/Quartett“ und die „Butlers“, die vorwiegend Gitarrenstücke von Elvis Presley oder Duane Eddy nachspielten, die sie in der Regel von westlichen Radiosendern abhörten.69
Entgegen der Leitlinien und Maßstäbe des VKM leitete das Kommuniqué des Politbüros des ZK der SED im September 1963 eine erstaunliche Liberalisierung im Hinblick auf die Unterhaltungsmusik ein. Mit dem Satz „Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands hat mit all denen, die unserer Jugend mißtrauen, nichts gemein.“70 wurde der Jugend das Vertrauen ausgesprochen. Als mit dem Aufkommen der „Beatles“ 1963/64 auch die DDR von der Beatwelle erfasst wurde, konnte das Jugendkommuniqué der SED sogar die Veröffentlichung einer Lizenzschallplatte der „Beatles“ bei „AMIGA“ im April 1965 erwirken.71
In Folge der Beatwelle gründeten sich zahllose Bands, die vorwiegend instrumental musizierten und Stücke westlicher Interpreten reproduzierten. Nachdem durch den Bau der Mauer Konzertbesuche in Westdeutschland nicht mehr möglich waren, erlangten ostdeutsche Bands durch viele Live-Auftritte in der DDR große Popularität. Viele dieser Amateur- Gitarrenbands erhielten die Möglichkeit beim Deutschlandtreffen, welches Pfingsten (16.- 18. Mai) 1964 in Ostberlin stattfand, aufzutreten. Das Deutschlandtreffen, ein Festival der Jugend aus Ost und West gegen das „Wiedererstarken des Imperialismus“, sollte als „Werbung für die DDR“ dienen und bot daher auch zahlreiche Veranstaltungen mit eigenen Beatbands. Anlässlich des Treffens wurde vom Berliner Rundfunk ein Begleitprogramm zur Berichterstattung über die Feiertage eingerichtet. Das Jugendstudio „DT 64“ war das erste spezielle Radioprogramm für Jugendliche in der DDR, in dem auch Beatmusik gespielt wurde.72 Aufgrund des großen Zuspruchs wurde es ab dem 29. Juni 1964 fest in das Programm des Berliner Rundfunks integriert und existierte bis zum Ende der DDR.73
Im Zuge der Liberalisierung wurde der Einfluss des Beats74 geduldet. Da man ihn nicht unterbinden konnte, wurde er mit Hilfe einer Uminterpretation integriert. Fortan galt der Beat als Ausdruck des Protestes von Jugendlichen aus den industrialisierten westlichen Metropolen gegen Missstände im kapitalistischen System. Nunmehr ideologisch entschärft, konnte die FDJ die Beatmusik nutzen, um die Jugendlichen wieder stärker an sich zu binden, was mittels eines Gitarrenwettbewerbs versucht wurde. Der „Zentrale Leistungsvergleich der Gitarrengruppen“ sollte vom 7. bis 9. Januar 1966 stattfinden. Jedoch kam es bereits bei den regionalen Vorausscheiden im Sommer 1965 zu Ausschreitungen, was höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass die Jugendlichen den propagandistischen Hintergrund der Veranstaltung durchschauten.75 Auf Bitte des FDJ-Zentralrats um regulierende Maßnahmen, schuf das Ministerium für Kultur mit der Gründung der „Arbeitsgemeinschaften Tanz- und Unterhaltungsmusik“ in allen Kreisen und Bezirken des Landes, die in der „Zentralen Arbeitsgemeinschaft Tanz- und Unterhaltungsmusik“ (ZAG) in Leipzig koordiniert wurden, ein flächendeckendes Netz von Behörden, deren Aufgabe in der Betreuung der jungen Musiker bestand.76
Die ersten Beat-Schallplatten der DDR mit nachgespielten und eigenen Instrumentalstücken einheimischer Gruppen wurden im Februar und August 1965 unter den Namen „Big Beat I“ und „Big Beat II“ von „AMIGA“ veröffentlicht.77 Durch die bis Mitte der sechziger Jahre zunehmend exzessiven Bühnenshows, welche Hysterie im Publikum auslösten, nahm die Kritik unter konservativen Mitgliedern der SED am landeseigenen „Big Beat“ in der ersten Hälfte des Jahres 1965 zu. Um diese Entwicklung zu stoppen, wurden Mittel und Wege für die Erteilung von Auftrittsverboten gefunden. Die häufigsten Begründungen waren Gesetzesübertretungen der Musiker in Form von überhöhter Gagenforderung, Nichteinhaltung der Repertoirequotenregelung, illegaler Erwerb von westlichen Instrumenten sowie Steuerhinterziehung. Dazu ist anzumerken, dass viele dieser Gesetzesübertretungen für die Musiker zur Regel werden mussten. Da die Instrumente aus der DDR den Anforderungen von modernen Beatbands nicht genügten, musste entsprechendes Equipment aus der Bundesrepublik zu überhöhten Preisen erworben werden. Die Ausgaben konnten jedoch mit den staatlich festgelegten Gagen nicht getilgt werden, wodurch höhere Gagen gefordert werden mussten, die auch bereitwillig von den Veranstaltern gezahlt wurden. Ein Teufelskreis entstand.78
Die Vorfälle beim „Rolling Stones“-Konzert in der Westberliner Waldbühne am 15. September 1965, bei dem das Publikum, durch die Musik emotional aufgeputscht, das Auditorium zerstörte und es zu zahlreichen Verletzten und Prügeleien mit der Polizei kam, nahm die DDR-Führung für ein generelles Unterbinden der Beatkultur zum Anlass. Auf rabiate Weise wurde sich mit den jugendlichen „aufmüpfigen Gammlern“ auseinandergesetzt.79 In Leipzig kam es bis zum 30. Oktober zu zahlreichen Bandverboten.80 Daraufhin organisierten die jugendlichen Fans eine „Pro-Beat-Demonstration“ am 31. Oktober 1965 auf dem Leipziger Leuschnerplatz. Es kam zur brutalen Zerschlagung der relativ friedlichen Demonstration durch Polizei und Staatssicherheit. Unter den 2500 Demonstranten gab es zahlreiche Verhaftungen und Verletzte, viele Jugendliche wurden für mehrere Wochen ins Braunkohle-Arbeitslager geschickt.81 In der Folgezeit durften nur noch wenige Beatbands öffentlich auftreten, darunter die „Theo-Schuhmann-Combo“ und „Team 4“.82 Die Beatmusik wurde anschließend auch auf dem 11. Plenum des ZK der SED, das vom 16. bis 18. Dezember 1965 stattfand, stark kritisiert. Die politische Führung bezeichnete sie als „Waffe des Klassenfeindes“, mit der die amerikanische Lebensweise und Rowdytum verbreitet werden sollten.83 Auch Walter Ulbricht griff in seiner Rede die Beatmusik an:
„Liebe Freunde! Sind wir denn wirklich nur angewiesen auf die monotonen westlichen Tänze? Haben wir in den sozialistischen Ländern nicht genügend herrliche und temperamentvolle Tänze, die vollständig ausreichen, daß sich die Jugend dabei genügend austoben könnte? Haben wir nicht genug? (Allgemeine Zustimmung) Wir haben interessante und künstlerisch wertvolle Tänze. Aber statt dessen blicken einige Kunstschaffende nur nach dem Westen und sind der Meinung, daß die Deutsche Demokratische Republik in kultureller Beziehung vor allem von Texas lernen kann. Ich bin der Meinung, Genossen, mit der Monotonie des Jay, Jeh, yeh [sic!], und wie das alles heißt, sollte man doch Schluß machen. […] Ist es denn wirklich so, daß wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, kopieren müssen?“84
Jedoch ist die feindliche Haltung gegenüber der Beatmusik keineswegs auf die DDR beschränkt gewesen. Auch in den westlichen Ländern rief sie zur damaligen Zeit starke Irritation und Ablehnung hervor, wobei es jedoch nicht zu offziellen Verboten kam.85
Neben vielen anderen Künstlern wurde auch der Liedermacher Wolf Biermann auf dem 11. Plenum des ZK der SED angegriffen und bekam Veröffentlichungs- und Auftrittsverbot. Mit seinen kritischen Texten, in denen er die DDR in dialektischer Weise heftig kritisierte und wiederum begeistert verteidigte, sorgte der Künstler, der sich als Kommunist sah und hoffte, zu Veränderungen im DDR-System beitragen zu können, auch in der Bundesrepublik immer wieder für Aufsehen.86
1966 kam nach amerikanischem Vorbild und unter Einfluss der FDJ die Singebewegung auf, deren führender Vertreter der Oktoberklub unter der Leitung von Hartmut König war. Er war 1968 aus dem Hootenannyklub unter der Leitung des Kanadiers Perry Friedmann entstanden.87 Gesungen wurden linientreue, deutschsprachige Lieder. Durch die Singeklubs sollte die Lücke, die durch das Beatverbot entstanden war, geschlossen werden. Die Bewegung griff schnell um sich und in zahlreichen Schulen und Universitäten wurden Singeklubs gegründet. In der Zeit der Flower-Power-Bewegung Ende der sechziger Jahre kam es schließlich zu einer neuen Gründerwelle von Bands, die Rocktitel ihrer amerikanischen Vorbilder nachspielten. Dazu gehörten beispielsweise die „Puhdys“, „Electra“, die „Klaus-Renft-Combo“ und die „Modern Soul Band“, die die DDR-Rockmusik fortan prägten. Ab 1968 wurden osteuropäische Rockbands aus Polen, Ungarn und der CSSR importiert, die eine hohe künstlerische Qualität aufwiesen und zudem eigene Stücke spielten.88 Damit hatten sie den Musikern in der DDR einiges voraus und so kam es ab 1970 auf Initiative der Abteilung Agitation des ZK der SED verstärkt zu Kooperationen zwischen professionellen Textern und Bands.
Ab 1971 veröffentlichte „AMIGA“ zwei Sampler-Reihen mit den neuesten Rocksongs von Bands aus der DDR und dem sozialistischen Ausland: „Hallo“ (1971-1976) und „Rhythmus“ (1971-1979).89 Bis 1973 bildete sich auf allen Verwaltungsebenen ein umfangreicher bürokratischer Apparat heraus, der für die musikalischen Belange der Jugend zuständig war und für dessen Koordinierung 1973 das Komitee für Unterhaltungskunst90 gegründet wurde.91 Nachdem Erich Honecker Walter Ulbricht nach dessen Rücktritt 1971 abgelöst hatte, setzte eine relative kulturpolitische Entspannung ein. Auch in Vorbereitung auf die X. Weltfestspiele, die vom 28. Juli bis 6. August 1973 stattfanden, wurde der Umgang mit der Beatmusik gelockert, um sich als modernen, weltoffenen Staat präsentieren zu können.92
Zu einem neuen Einschnitt kam es Mitte der siebziger Jahre. 1975 wurde die Gruppe “ Renft“ verboten.93 Im Jahr darauf kam es zur Ausbürgerung Wolf Biermanns. Drei Tage nach dem ersten Konzert seiner Tournee am 13. November 1976 in Köln wurde ihm die Staatsbürgerschaft entzogen und die Wiedereinreise in die DDR verweigert.94 Die Entscheidung dazu war bereits vor seiner Reise in die Bundesrepublik gefallen. Die SED-Führung hatte sich seiner damit auf hinterhältige Weise entledigt. Diese Maßnahme blieb nicht ohne Protest. In einem offenen Brief, der von 12 Schriftstellern verfasst wurde, und von über 100 Künstlern unterzeichnet wurde, wurde die Regierung aufgerufen, ihre Entscheidung zu überdenken, was jedoch erfolglos blieb. Die meisten Künstler waren infolge ihrer offenkundigen Unterstützung Biermanns starken Repressionen ausgesetzt. Viele von ihnen verließen daraufhin die DDR über Ausreiseanträge, die von den Behörden relativ schnell bewilligt wurden.95 Unter ihnen war auch Nina Hagen, die ihrem Ziehvater folgte und ihre Karriere in der Bundesrepublik fortsetzte.96
Ab 1976 durften die „Puhdys“ Konzerte in der Bundesrepublik geben, in den nächsten Jahren folgten „City“ , „Silly“ , „Karat“ und „Dialog“.97 Um 1980 vollzog sich mit dem Aufkommen der neuen Stilrichtungen Punk, New Wave und NDW („Neue Deutsche Welle“) ein Generationswechsel. Junge Rockbands wie „Pankow“, „Rockhaus“ oder „Reggae Play“ sprachen vor allem das jugendliche Publikum an und boten eine Alternative zu den altgediegenen DDR-Bands. Darüber hinaus gingen die Gruppen seit Beginn der achtziger Jahre dazu über, ihre Texte selbst durch eigene Bandmitglieder (meist durch die Sänger) zu verfassen, wodurch diese jugendgemäßer und auch kritischer wurden. Im Laufe der achtziger Jahre kam es zu neuen Ausprägungen des DDR-Rock. Neben der Herausbildung der Stilrichtungen Hardrock und Heavy-Metal, vertreten durch Bands wie „MCB“, „Formel 1“, „Babylon“ und „Berluc“, fand auch die Undergroundszene in den Medien mehr Beachtung. Gruppen wie „Die Anderen“ und „Feeling B“ provozierten durch Auftreten, Text und Musik, wurden aber weitgehend toleriert. Zu Bandverboten, Verhaftungen einzelner Mitglieder oder Konzertstreichungen kam es nur in Ausnahmefällen bei zu oppositionellen Undergroundbands.98 Dies mag eine Folge der von Jäger als „chaotisch“ bezeichneten Kulturpolitik der achtziger Jahre „ohne strategisches Konzept“ gewesen sein.99
Ab 1982 fand jährlich das Festival „Rock für den Frieden“ im Berliner Palast der Republik statt, bei dem auch westliche Künstler auftraten. Im Sommer 1988 organisierte die FDJ unter Hartmut König ein Konzert von Bruce Springsteen. Mittels Auftritte westlicher Stars versuchte der Staat in der Folge, den wachsenden Unmut der Jugendlichen zu dämpfen. Bei solchen Konzerten zeigte sich jedoch, dass die DDR-Bands, die als Vorgruppen auftraten, das Publikum nicht mehr ansprachen und den Stars aus dem Westen der Vorzug gegeben wurde. Gegen Ende der achtziger Jahre begannen schließlich auch viele Rockmusiker, wie bereits zuvor die „Anderen Bands“ statt durch verschlüsselte Botschaften in ihren Texten die Missstände in der DDR durch direkte Aussagen zu kritisieren und offen Stellung zu beziehen, was in der Unterzeichnung der „Resolution von Rockmusikern und Liedermachern zur inneren Situation und zum Aufruf des Neuen Forums“ durch mehrere hundert Künstler am 18. September 1989 kulminierte. 100
Die Geschichte der Rockmusik in der DDR war von den stetigen Versuchen der Regierung geprägt, diese zu reglementieren, zu organisieren und ideologisch zu instrumentalisieren. Im Zuge dessen erschuf man um sie herum einen gigantischen kulturbürokratischen Apparat. Die Wirklichkeit sah nach Wicke indes anders aus als von staatlicher Seite gewünscht und geplant: Das offizielle Kultursystem war von einem informellen System durchzogen, welches in keinen Akten dokumentiert ist. Verwaltungswege konnten durch persönliche Beziehungen zu Mitarbeitern des Apparates abgekürzt und so „unter der Hand“ reale Hilfe und Unterstützung erhalten werden, zumal es in den Verwaltungen durchaus auch engagierte Leute gab, die ernsthaft um die Förderung der Musiker bemüht waren.
Die formale Anpassung gehörte zu den am weitesten verbreiteten Mitteln, um eventuellen Repressionen von vornherein zu entgehen. Dazu gehörte die Taktik vieler Bands, der Jury ein Scheinrepertoire vorzuspielen, um eine Spielerlaubnis zu bekommen.101 Ebenso nutzte das jugendliche Publikum die Schwerfälligkeit der Behörden aus: Über informelle Kommunikationswege war es möglich, ein Konzert kurzfristig an einen anderen Ort zu verlegen, wenn geplante staatliche Kontrollen – meist durch Hinweise von Mitarbeitern aus dem Apparat selbst – bekannt wurden. Zudem bot die Kirche zu besonders schwierigen Zeiten der Szene die Möglichkeit, in ihren Räumlichkeiten Konzerte zu veranstalten (beispielsweise die Bluesmessen in den siebziger oder die Punk-Konzerte in den achtziger Jahren).
Die Textzensur wurde unterlaufen, indem eine metaphernreiche Sprache und spezielle, sinnverwandelnde Vertonungen verwendet wurden. Mit den in den achtziger Jahren zuhauf entstehenden privaten Tonstudios ging schließlich die Kontrolle über die kulturellen Produktionsmittel verloren. 1988 stammten bereits 80 % der in den Medien verbreiteten Titel aus privater Produktion. Selbstvertriebene Musikkassetten bedienten eine alternative Öffentlichkeit. Somit war der kulturbürokratische Apparat für die Rockmusik bereits vor dem offziellen Ende der DDR überflüssig geworden.102
55 Genannt seien vor allem: Leitner, Olaf: Rockszene DDR. Aspekte einer Massenkultur im Sozialismus, Reinbek bei Hamburg 1983; Rauhut, Michael: Beat in der Grauzone. DDR-Rock 1964-1972. Politik und Alltag, Berlin 1993; Rauhut, Michael: Schalmei und Lederjacke. Udo Lindenberg, BAP, Underground. Rock und Politik in den achtziger Jahren, Berlin 1996; Wicke, Peter/Müller, Lothar: Rockmusik und Politik. Analysen, Interviews und Dokumente, Berlin 1996.
56 Organisationen dienten der Integration der Gesellschaft und der sozialen und politischen Kontrolle.
57 Vgl. Wicke, Peter: Zwischen Förderung und Reglementierung. Rockmusik im System der DDR Kulturbürokratie, in: Wicke, Peter/Müller, Lothar: Rockmusik und Politik. Analysen, Interviews und Dokumente, Berlin 1996, S. 17.
58 Vgl. ebd., S. 18f.
59 Vgl. Anordnung über die Befugnis zur Ausübung von Unterhaltungs- und Tanzmusik vom 27. März 1953, in: Zentralblatt DDR, Ausgabe B, Heft 11, Berlin 1953, S. 137, zit. in: Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 19.
60 Vgl. Anordnung Nr. 2 über die Befugnis zur Ausübung von Unterhaltungs- und Tanzmusik vom 14. Januar 1957, in: GBl. DDR, Teil II, Berlin 1957, S. 54, zit. in: Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 19.
61 Prüfungsordnung für die Ausstellung von Berufsausweisen zur hauptberuflichen Ausübung von Tanz-und Unterhaltungsmusik vom 30. Juni 1964, in: Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Kultur, Berlin 1964, S. 57f, zit. in: Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 19.
62 Vorbilder waren vor allem Elvis Presley, Bill Haley, Jerry Lewis und Chuck Berry.
63 Vgl. auch Kapitel 2.1.3.
64 Anordnung über die Programmgestaltung bei Unterhaltungs- und Tanzmusik vom 2. Januar 1958, in: Schubbe (1972), S. 515; vgl. auch Kapitel Schubbe (1972), S. 515; vgl. auch Kapitel 2.1.3.
65 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 6f.
66 Vgl. Rauhut (1993), S. 48.
67 Melodie und Rhythmus, 3/1959, zit. nach: Rauhut, Michael: Beat in der Grauzone. DDR-Rock 1964-1972. Politik und Alltag, Berlin 1993, S. 39.
68 Vgl. Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 20.
69 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 7.
70 „Der Jugend Vertrauen und Verantwortung“ – Kommuniqué des Politbüros des Zentralkomitees der SED zu Problemen der Jugend in der DDR, in: Der Jugend Vertrauen und Verantwortung beim umfassenden Aufbau des Sozialismus, Berlin 1963 (Schriftenreihe des Staatsrates der DDR 5/1963, S. 16), zit. nach: Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 20.
71 Vgl. Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 20.
72 Vgl. Schäfer, Olaf: Pädagogische Untersuchungen zur Musikkultur der FDJ. Ein erziehungswissenschaftlicher Beitrag zur Totalitarismusforschung, Berlin 1998, S. 139; vgl. Hintze (1999/2000), S. 7f.
73 Nach der Wende wurde die Sendung unter dem Namen „Sputnik“ vom MDR in Halle-Neustadt übernommen. (Vgl. Hintze (1999/2000), S. 8.)
74 Bis Anfang der achtziger Jahre wurde Rockmusik in der DDR offziell als „Beat“ bezeichnet. Andere Beispiele für DDR-Sprachschöpfungen, die die westliche Herkunft verschleiern und das eigene kulturpolitische Selbstverständnis aufrecht erhalten sollten, sind „Schallplattenunterhalter“ für „Diskjockey“ oder „17 cm Schallplatte“ für „Single“. (Vgl. Schäfer (1998), S. 128.)
75 Vgl. Schäfer (1998), S. 139ff.
76 Vgl. Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 21.
77 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 8.
78 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 8f; vgl. Schäfer (1998), S. 141.
79 Langhaarige Jugendliche wurden gezwungen sich die Haare schneiden zu lassen oder sich für 50 M (!) einen neuen Personalausweis ausstellen zu lassen. (Vgl. Hintze (1999/2000), S. 9.)
80 Auch die bis dato schon sehr renommierten „Butlers“ waren von dem Verbot betroffen.
81 Vgl. Rauhut (1993), S. 147f.
82 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 8f.
83 Vgl. Jäger, Manfred: Kultur und Politik in der DDR 1945-1990, Köln 1994, S. 122.
84 zit. nach Rauhut (1993), S. 162; auch: Probleme des Perspektivplans bis 1970. Referat Walter Ulbrichts auf dem 11. Plenum des ZK der SED, 16. bis 18. Dezember 1965, Auszug, in: Schubbe (1972), S. 1083.
85 Vgl. Schäfer (1998), S. 110.
86 Vgl. ebd. (1998), S. 111f.
87 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 8f.
88 Insbesondere ist hier die ungarische Rockband „Omega“ zu nennen.
89 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 10f.
90 Vgl. Kapitel ??, S. ??.
91 Vgl. Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 22f.
92 Vgl. Schäfer (1998), S. 158.
93 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 12.
94 Bereits im Mai 1974 anlässlich seiner Reise nach Köln zur Entgegennahme des Offenbach-Preises hatte Biermann von den DDR-Behörden das Angebot erhalten, auf die DDR-Staatsbürgerschaft zu verzichten und für immer in der Bundesrepublik zu bleiben, was er jedoch ablehnte. (Vgl. Jäger (1994), S. 165.)
95 Vgl. Jäger (1994), S. 165f.
96 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 12.
97 Vgl. ebd., S. 12f.
98 Vgl. ebd., S. 14f.
99 Jäger (1994), S. 187.
100 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 15f.
101 Vgl. Kapitel 2.1.3.
102 Vgl. Wicke, in: Wicke/Müller (1996), S. 24-27.
Zur kulturellen Vereinigung Deutschlands
1 Politische Wende und Wiedervereinigung
2 Die Umwandlung der Kulturstrukturen in den neuen Bundesländern
3 Die Abwicklung der „kulturellen Substanz“ in den neuen Bundesländern
4 Die Situation der Künstler in den neuen Bundesländern
1 Politische Wende und Wiedervereinigung
Im Folgenden soll die Wende und Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten anhand wichtiger Ereignisse skizziert werden.103
Ende der achtziger Jahre nahm die Unzufriedenheit der DDR-Bürger mit den Verhältnissen in ihrem Staat enorm zu. Die Wirtschaftskrise, die Beschränkung der Reisefreiheit, die Regierung, die sich einer demokratischen Erneuerung des Sozialismus strikt verweigerte, die Attraktivität der Bundesrepublik und ihrer Konsumgüter, die schier unerreichbar blieben, aber vor allem die Demokratisierungsprozesse im Zuge der Gorbatschowschen Perestrojka und Glasnost in einigen osteuropäischen Ländern sind als wichtigste Ursachen für den Ausbruch der „friedlichen Revolution“ zu nennen. In der Folge fanden ab dem 4. September 1989 regelmäßig die Leipziger Montagsdemonstrationen statt, die unter dem Motto “Wir sind das Volk“ eine friedliche, demokratische Neuordnung forderten. Zahllose DDR-Bürgerinnen und -Bürger hatten sich bereits im Juli in die Bonner Botschaften in Budapest, Prag und Warschau geflüchtet. Mit der Öffnung der österreichisch-ungarischen Grenze am 11. September begann die Ausreisewelle Zehntausender DDR-Bürgerinnen und -Bürger nach Westdeutschland. Unter dem Druck der Massen wurde Erich Honecker am 18. Oktober durch Egon Krenz abgelöst. Am 9. November 1989 kam es schließlich zum Mauerfall. Hans Modrow wurde am 13. November zum neuen Regierungschef gewählt. Am 3. Dezember traten das Politbüro und das Zentralkomitee der SED zurück, am 6. Dezember legte Krenz sein Amt als Staatsratsvorsitzender nieder. Der Charakter der Demonstrationen hatte sich inzwischen gewandelt und so wurden am 11. Dezember auf der Leipziger Montagsdemonstration unter dem Motto „Wir sind ein Volk“ Währungsunion und Wiedervereinigung gefordert.
Hans Modrow und Bundeskanzler Kohl vereinbarten am 19. Dezember in Dresden Verhandlungen über eine deutsch-deutsche Vertragsgemeinschaft. Bei einem Besuch von Kohl und Bundesaußenminister Genscher am 10./11. Februar 1990 in Moskau wiederholte Michail Gorbatschow seine Zustimmung zur Einheit Deutschlands, die er zuvor Hans Modrow am 30. Januar in Moskau gegeben hatte. Bei den ersten freien Volkskammerwahlen in der DDR am 18. März 1990 gewann die CDU unter Lothar de Maizière mit 40,8 % der Stimmen. Am 1. Juli 1990 trat der Staatsvertrag zwischen der DDR- und der BRD-Regierung über eine Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion in Kraft und die D-Mark wurde in der DDR als Zahlungsmittel eingeführt. Durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag104 erhielt Deutschland am 12. September 1990 die volle staatliche Souveränität zurück. Auf Beschluss vom 31. August 1990 wurde der Einigungsvertrag am 29. September wirksam, der die Grundlage für den Beitritt der fünf neuen Länder der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 bildete.105
2 Die Umwandlung der Kulturstrukturen in den neuen Bundesländern
Die Erwartung eines schnellen wirtschaftlichen Aufschwungs in den neuen Bundesländern erfüllte sich nicht.106
Ebenso blieb die erhoffte schnelle Vereinigung beider deutscher Staaten im Kulturbereich aufgrund gemeinsamer kultureller Wurzeln und gemeinsamer Geschichte aus.107 Auch wenn die Kultur jeweils gleichsam durch öffentliche Mittel finanziert wurde, wiesen die Kulturstrukturen grundsätzliche Unterschiede auf. Im föderalen System der BRD lag und liegt die Kulturhoheit, also die Kompetenz und Verpflichtung zur Kulturförderung, bei den Ländern und Kommunen. Kulturpolitik kann vom Bund aus nur indirekt und eingeschränkt betrieben werden: Einerseits durch die Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen durch entsprechende Gesetze im Urheberrecht und in der Steuer-, Sozial- und Wirtschaftspolitik und andererseits durch seine Zuständigkeit für die Auswärtige Kulturpolitik. Darüber hinaus kann er in begrenztem Maße Einrichtungen und Projekte von gesamtstaatlicher Bedeutung finanziell unterstützen. Die Finanzierung von Kunst und Kultur ist im Grundgesetz sowie in den Verfassungen der einzelnen Ländern festgeschrieben. So heißt es in Art. 5 Abs. 3 GG: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“; in der nordrhein-westfälischen Verfassung ist die kulturpolitische Verantwortung des Landes im Art. 18 mit den Worten: „Kultur, Kunst und Wissenschaft sind durch Land und Gemeinden zu fördern.“ verankert. Damit sind Bund und Länder zwar verpflichtet, das kulturelle Erbe zu pflegen und zu fördern, jedoch ist in keinem Leistungsgesetz ein finanzieller Umfang hierfür festgesetzt. Haushaltsrechtlich ist die Kulturförderung also eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand. Wenn auch kein konkreter Finanzetat für die Kulturausgaben bestimmt wird, so ist zumindest das anteilige Engagement der drei föderativen Organe festgelegt. Dementsprechend entfallen auf die Kommunen 60 %, auf die Länder 35 % und auf den Bund 5 % der Förderungssummen. 108
Ein diametral entgegengesetztes System wies die Kulturstruktur der DDR auf. Hier fungierten die Städte und Gemeinden als unterstes Glied des hierarchisch aufgebauten Staatssystems.109 Ihre Aufgabe bestand darin, die zentral getroffenen Entscheidungen umzusetzen, also dafür zu sorgen, dass die kulturellen Einrichtungen und Institutionen ihre kulturellerzieherischen und auf ideologischen Prämissen beruhenden, inhaltlich festgelegten Funktionen erfüllten.110
Mit dem Beitritt zur BRD am 3. Oktober 1990 wurde die Existenz des Ministeriums für Kultur beendet und es begann ein Umwandlungsprozess, unter dem die zentralistischen Verwaltungshierarchien des Kultursystems der DDR aufgelöst und mit der Übergabe der Kulturhoheit in die Hände der Kommunen den Organisations- und Förderstrukturen der BRD angeglichen wurden.
Für den Aufbau eines föderalen Kulturverwaltungssystems in den neuen Ländern verfügten Artikel 13 bis 15 des Einigungsvertrages eine Verwaltungshilfe des Bundes für treuhändische Aufgaben im Kulturbereich, die durch die Tätigkeit der Gemeinsamen Einrichtung der Länder/Kultur (GEL) realisiert wurde und mit der Konstituierung von Verwaltungseinheiten in Ländern und Kommunen im Dezember 1990 endete.111 Die ehemaligen Abteilungen Kultur der Räte der Städte wurden in Kulturämter, Kulturdezernate und ähnliches umgewandelt. Unterstützung erfuhren die Kommunen in den neuen Ländern dabei durch ihnen zugeteilte Partnerkommunen aus den alten Bundesländern, nach deren Vorbild die jeweiligen Stadtverwaltungen strukturiert wurden. Der Umwandlungsprozess lief nicht ohne Probleme ab: Die erste Phase war geprägt von Korrekturen an den Verwaltungsstrukturen, wodurch sich die Beantragung der existenziell bedeutsamen Übergangsfinanzierung verzögerte. Hinzu kam die noch mangelnde Kompetenz der Verwaltungsmitarbeiter hinsichtlich der sachgerechten Antragstellung der Zuwendungsbescheide und der marktgerechten Verwertung der Mittel. Um dem Abhilfe zu schaffen organisierte der vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft eingerichtete IBFK112 Weiterbildungsseminare und Beratungsprojekte für das Personal, wodurch die Anfangsschwierigkeiten laut Strittmatter innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Wiedervereinigung überwunden werden konnten113 – auch wenn sich die Kommunen Groschopp zufolge anfangs nur schwer in ihre neue Rolle als nunmehr „wichtigste Kulturträger“ einfinden konnten.114 Durch die Angleichung an die Kulturstrukturen der alten Bundesländer wurden bestimmte Aufgaben, wie beispielsweise die Denkmalpflege, aus dem Verantwortungsbereich der Kulturämter ausgegliedert und Einrichtungen wie Jugendklubs anderen Ressorts zugewiesen.115
3 Die Abwicklung der „kulturellen Substanz“ in den neuen Bundesländern
Die DDR verfügte über eine vergleichsweise hoch entwickelte kulturelle Infrastruktur mit mehr als 30.000 hauptberuflichen Künstler und Künstlerinnen.
So waren im Jahr 1989 nach Angaben von Strittmatter insgesamt
statistisch erfasst.
Die kulturellen Einrichtungen seien funktional höchst differenziert und sowohl finanziell als auch personell bestens ausgestattet gewesen. Zudem waren sie räumlich weit verzweigt, was mit dem Bestreben des DDR-Regimes nach kulturellem Einfluss in allen Gebieten, vor allem in ländlichen und dünn besiedelten Räumen, zusammenhing.116
Auf Initiative von Dietmar Keller, Kulturminister der DDR in der Regierung Modrow, der sich bei der konstituierenden Sitzung der Kulturkommission am 09.03.1990 für die Erhaltung der kulturellen Substanz in den fünf neuen Ländern aussprach, konnte am 31. August 1990 durch die Unterstützung des ersten und letzten aus freien Wahlen hervorgegangenen Kulturministers der DDR, Herbert Schirmer, die Aufnahme eines „Kulturartikels“ in den Einigungsvertrag der beiden deutschen Staaten durchgesetzt werden.117 Art. 35 Abs. 2 des Einigungsvertrages fordert, dass die „kulturelle Substanz“ der Beitrittsländer „keinen Schaden“ nehmen dürfe. Er bestimmt dazu eine befristete Mitverantwortung des Bundes für den Erhalt der kulturellen Infrastruktur in den neuen Bundesländern118, was durch die Einrichtung einer Übergangsfinanzierung der Bundesregierung bis zum Dezember des Jahres 1993 realisiert wurde. Darüber, was unter „kultureller Substanz“ zu verstehen sei, bestand kein inhaltlicher Konsens, wodurch die Entscheidung darüber den einzelnen, neu zu bildenden Ländern übertragen wurde.119
Weiterhin wurde die Umwandlung des Kulturfonds der DDR in eine Stiftung des öffentlichen Rechts festgelegt, wodurch die Mittel zur Förderung für Kunst und Kultur in das geeinte Deutschland überführt werden konnten.120 Für den Kulturbereich in den neuen Ländern wurde ein Bedarf von 4,1 Mrd. DM ermittelt, was dem doppelten Pro-Kopf-Verbrauch der alten Länder entsprach. Eine vollständige Finanzierung aller Kulturinstitutionen und -einrichtungen stellte sich somit als unmöglich heraus. Demzufolge musste Erhaltenswertes ausgewählt werden.121
Am 14. November 1990 beschloss das Bundeskabinett die Übergangsfinanzierung, für die das Bundesinnenministerium für das Jahr 1991 900 Millionen DM bereitstellte, die dreifache Summe des bisherigen Kulturetats des Bundes.122
Das Gesamtprogramm der Übergangsfinanzierung setzte sich aus fünf Teilprogrammen zusammen:
1. Das Substanzerhaltungsprogramm (1991/92 zusätzlich 1 Mrd. DM) für Kultureinrichtungen von europäischem und nationalem Rang (große Theater, Orchester, Museen, Gedenkstätten und ähnliches).
2. Das Infrastrukturprogramm (1991/92 zusätzlich 500 Mio. DM) zur Erhaltung von lokalen und regionalen Kultureinrichtungen und -initiativen der Breitenkulturarbeit (Bibliotheken, kommunale Kinos, Galerien, Kulturzentren, Bürgerhäuser und ähnliches).
3. Das Denkmalschutzsonderprogramm (1991/92 zusätzlich 100 Mio. DM) für Einzelbauwerke unter Denkmalschutz.
4. Der Titel zur Minderung der Teilungsfolgen (1991/92 zusätzlich 21 Mio. DM) für Gebiete, die durch die Teilung Deutschlands besonders nachteilig betroffen waren (wie beispielsweise Ostberlin und Kommunen in den Grenzgebieten).
5. Der Sondertitel für repräsentative kulturelle Einrichtungen im ehemaligen Ostteil Berlins (1991/92 zusätzlich 154 Mio. DM) aufgrund der hohen Konzentration bedeutender historischer Kultureinrichtungen und im Hinblick auf die Ausgestaltung Berlins zur Hauptstadt.123 Die Mittel aus der Übergangsfinanzierung wurden dabei an die Bereitstellung von Komplementärmitteln durch die Länder und Kommunen gebunden. Auf Ostberlin und Sachsen, die über die meisten und historisch bedeutsamsten kulturellen Einrichtungen verfügen, entfiel der größte Anteil der Finanzierungssumme. In den dünn besiedelten Gebieten Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns finden sich nur vereinzelt bedeutende Kultureinrichtungen, so dass diese Länder auch geringere Aufwendungen für deren Erhalt aufbringen müssen und die Unterstützungssumme entsprechend niedriger ausfiel.124
Die Übergangsfinanzierung hat bewirkt, dass die Anzahl der Einrichtungen im Bereich der sogenannten Hochkultur weitestgehend gehalten oder in Einzelfällen sogar erhöht werden konnte. Hinsichtlich der Musikschulen konnten durch Umstrukturierungen und Umwandlungen in eigenständige Institutionen die Anzahl der Fachkräfte erhöht werden.
„Verlierer“ der Übergangsfinanzierung waren die Einrichtungen der Breitenkultur. Hier waren erhebliche Verluste zu verzeichnen, die auch durch die Mittel des Infrastrukturprogramms nicht verhindert werden konnten. Von der Schließung betroffen waren ca. 40 % der Bibliotheken und etwa 50 % der Kinos, wobei letztere größtenteils privatisiert und in marktwirtschaftliche Strukturen überführt wurden. Darüber hinaus wurden ca. 40 % der staatlichen Kulturhäuser, etwa 70 % der Gewerkschaftskulturhäuser und ca. 54 % der Jugendklubs geschlossen. Die Kulturhäuser waren die Fortsetzung der Tradition der Volkshäuser der Gewerkschaften und der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Deutschland im 19. Jahrhundert. Die Funktionen dieser Einrichtungen waren eng mit den gesellschaftlichen Organisationsstrukturen der ehemaligen DDR verknüpft, für die es in den alten Bundesländern keine Entsprechung gab, was die hohen Verluste dieser Einrichtungstypen im Zuge der Wiedervereinigung erklärt.125
Nur ca. 9,6 % der zwischen 1995 und 1998 jährlich bundesweit bereitgestellten rund 690 Mio. DM wurden für Kulturinitiativen oder -projekte aufgewendet. Die restlichen ca. 90,4 % wurden für den Erhalt von 60 ausgewählten kulturellen Institutionen, „Leuchttürmen“ der Hochkultur, aufgewendet. Das ungleiche Verhältnis der Verteilung der Mittel macht die Stellung der Breitenkultur in der Kulturförderung der Bundesrepublik Deutschland deutlich.
Doch nicht nur finanzielle Schwierigkeiten führten zu den zahlreichen Schließungen, auch ungeklärte Eigentumsverhältnisse, der marode Zustand der Gebäude oder deren Größe, die ein freier Träger nicht bewirtschaften kann, führen Strittmatter und Groschopp als Gründe hierfür an.126
Insgesamt ging nach Krahn mit der Wende in den neuen Bundesländern ein gesellschaftlicher Rollenverlust von Kunst und Kultur einher, was auf die unterschiedlichen Kulturbegriffe in Ost und West127 zurückzuführen ist.128
4 Die Situation der Künstler in den neuen Bundesländern
Auf der anderen Seite kam es jedoch zu einem Gründungsboom an Kulturvereinen und – initiativen, was laut Strittmatter darauf zurückzuführen ist, dass die Möglichkeit zur freien Interessenentfaltung nach jahrzehntelanger Unterdrückung endlich gegeben war. Darüber hinaus war durch das ABM-Programm, das von der Bundesregierung zur Milderung der arbeitsmarktpolitischen Folgen des wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozesses eingerichtet worden war, die finanzielle Grundlage vorhanden.129 So wurde Verein um Verein gegründet, bis nach zwei bis drei Jahren mit dem Auslaufen der ABM-Stellen für viele die Ernüchterung kam.130
Vor allem Künstlerinnen und Künstler, denen nach der Wende die Grundlage für die Ausübung ihres Berufes genommen war und die in den ihnen vermittelten AB-Maßnahmen eine sinnvolle Alternative gefunden hatten, waren davon betroffen. Die rund 30.000 Künstlerinnen und Künstler131, die Ende der achtziger Jahr in der DDR lebten, wurden sowohl finanziell als auch materiell gefördert und waren sozial abgesichert, sofern sie politisch-ideologisch konform gingen. Durch die Auflösung der zentralistischen Strukturen verschlechterte sich die Einkommenssituation für die meisten Künstler drastisch, weil potentielle Auftraggeber wegbrachen. Zusätzliche oder andere (außerkünstlerische) Einkommensquellen mussten gefunden werden, wofür ABM-Stellen eine große Hilfe beim Orientierungswandel darstellten.132 Künstler wie alle anderen Bürger der neuen Bundesländer erlebten nach der Wende einen Kulturschock. Sehr wenig von dem, was Inhalt ihres bisherigen Lebens war, hatte noch Bestand. Das Wertesystem der DDR galt nicht mehr, Biographien wurden wertlos. Die Folge waren Minderwertigkeitsgefühle, Zukunftsängste, Desorientierung, Verunsicherung, Hilflosigkeit. Aufgrund 40jähriger real-sozialistischer Prägung fiel es den Ostdeutschen schwer, mit den neu gewonnenen Freiräumen und mit der nunmehr weniger gesicherten wirtschaftlichen und sozialen Lage eigenverantwortlich umzugehen. Neue Verhaltensweisen und eine Abkehr von der gewohnten „passiven Lebenshaltung“ waren von jetzt an gefordert. 133
Vor dem Hintergrund der dargelegten (kultur-)politischen und lebensweltlichen Veränderungen in Folge der Wiedervereinigung soll im Folgenden die künstlerische, ökonomische und soziokulturelle Situation professionell arbeitender Rockmusiker aus der ehemaligen DDR vor und nach der Wende untersucht werden.
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103 Für weiterführende Informationen sei auf folgende Publikationen verwiesen: Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.): Informationen Nr. 17/1989-2/1990 (Chronik), Bonn 1990; Chronik der Ereignisse in der DDR (Edition Deutschland Archiv), Köln 1990; Wimmer, Michael et. al: Wir sind das Volk. Die DDR im Aufbruch. Eine Chronik in Dokumenten und Bildern, München 1990.
104 offzielle Bezeichnung: „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland”; Beteiligte: die Außenminister der vier ehemaligen Besatzungsmächte in Deutschland (USA, UdSSR, Frankreich und Großbritannien) sowie die Außenminister der beiden deutschen Staaten (Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik).
105 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Die Wende in der DDR, Berlin 1991, S. 13-16.
106 Vgl. Strittmatter (1993), S. 16.
107 Vgl. Ackermann, Manfred: Der kulturelle Einigungsprozess. Schwerpunkt: Substanzerhaltung, Bonn-Bad Godesberg 1991, S. 11.
108 Vgl. Eckhardt, Andreas: Öffentliche Musikförderung, in: Jakoby, Richard (Hrsg.):Musikszene Deutschland. Konzertwesen, Kulturpolitik, Wirtschaft, Berufe, Basel u.a. 1997, S. 38-41.
109 Vgl. dazu Kapitel ??, S. ??.
110 Vgl. Strittmatter (1993), S. 11.
111 Vgl. Krahn, Simone: Die Situation im öffentlich finanzierten Kulturbereich vor und nach der Wende am Beispiel der Stadt Neubrandenburg, Hagen 2000, S. 67.
112 IBFK: Informations-, Beratungs-, und Fortbildungsdienst für Kulturverwaltungen
113 Vgl. Strittmatter (1993), S. 12f; vgl. Krahn (2000), S. 73ff.
114 Vgl. Groschopp, Horst: Kulturelle Arbeit im sozialen Umbruch. Ein Beitrag zur Diskussion über die „kulturelle Substanz“ der DDR im deutschen Einigungsprozeß, in: Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung, Heft 32 (15), Berlin 1992, S. 55.
115 Vgl. Strittmatter (1993), S. 13.
116 Vgl. ebd., S. 14.
117 Vgl. Ackermann (1991), S. 14f, vgl. Krahn (2000), S. 66.
118 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung: Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands. Einigungsvertrag (http://www.bpb.de/wissen/3FBP80,0,0,Kultur_Bildung_und_Wissenschaft_Sport.html – Stand 12.02.2006).
119 Vgl. Krahn (2000), S. 66f; vgl. Strittmatter (1993), S. 11f.
120 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung: Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands. Einigungsvertrag (http://www.bpb.de/wissen/3FBP80,0,0,Kultur_Bildung_und_Wissenschaft_Sport.html – Stand 12.02.2006).
121 Vgl. Krahn (2000), S. 70.
122 Vgl. Ackermann (1991), S. 19.
123 Vgl. Strittmatter (1993), S. 14f.
124 Vgl. Ackermann (1991), S. 24ff.
125 Vgl. Strittmatter (1993), S. 17; vgl. Groschopp (1992), S. 56.
126 Vgl. Strittmatter (1993), S. 17; vgl. Groschopp (1992), S. 54.
127 In der DDR wurde auch die Unterhaltungskunst als Teil der Kultur angesehen und als solcher entsprechend gefördert. In der Bundesrepublik beschränkt sich das Verständnis von Kultur weitestgehend auf das, was im allgemeinen als „Hochkultur“ bezeichnet wird, wodurch folglich nur diese in den Genuss der Kulturförderung gelangt. (Vgl. dazu auch Kapitel 2.1.3.)
128 Vgl. Krahn (2000), S. 63.
129 Vgl. Strittmatter (1993), S. 19.
130 Vgl. Groschopp (1992), S. 60.
131 Die Voraussetzung für den Status eines Berufskünstlers war in der Regel ein Studium in einer der 66 angebotenen Fachrichtungen mit 71 Berufsabschlüssen, weshalb DDR-Künstler in der Regel über eine solide Ausbildung verfügten. (Vgl. Strittmatter, S. 20.)
132 Vgl. Strittmatter (1993), S. 20.
133 Vgl. Krahn (2000), S. 64; vgl. Gesamtdeutsches Institut Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben (Hrsg.): Psycho-soziale Befindlichkeit der Menschen in den neuen Bundesländern nach der Wende im Herbst 1989, Bonn 1991, S. 2.
Künstlerische Aspekte
1 Motive und Kontext des musikalischen Werdegangs
2 Eigenkompositionen
3 Kulturpolitische Einflüsse
1 Motive und Kontext des musikalischen Werdegangs
Zum Einstieg in das Interview wurde nach den Motiven, ein Musikinstrument zu erlernen, gefragt. Christian Weise und Matthias Claus wurden dazu durch ihr Elternhaus angeregt:
CW: „…mein Vater hatte in seinem Wohnzimmer einen Riesen-Flügel. Und auf diesen Flügel hab ich schon als Baby raufgefasst und insofern meinte der Daddy, der Kleine ist talentiert, der macht jetzt mal Klavierunterricht. Das habe ich dann solange gemacht, bis ich dann in der Spätpubertät so die Schnauze voll davon hatte, dass ich sagte, also nein, nur weil der Alte das will… ich werde jetzt Rockmusiker.“
MC: „…mein Vater ist auch Trommler, war eigentlich einer der Besten so im Osten und da lag das irgendwie auf der Hand.“
Mike Kilian und Dieter Hertrampf wurden durch die damaligen Musikstars, die in den Massenmedien präsentiert wurden, dazu motiviert, selbst Musik zu machen und ihren Vorbildern nachzueifern.
MK: „…damals hab ich immer die Sendung „Disco“ mit Ilja Richter im Fernsehen angeschaut und dann hab ich mir aus so ’nem Besenstiel und dem Bademantel meiner Mutter eine Gitarre gebastelt. Also, hab dann Luftgitarre gespielt wie ’n Verrückter. Und dann hat mir mein Vater irgendwann eine Gitarre geschenkt. Da fing ’s dann so langsam an, dass ich mich dafür interessierte auch ein Instrument zu erlernen und dann auch zu singen.“
DH: „Früher liefen auf dem RIAS die „Schlager der Woche“ mit den Teenie-Schwärmen Peter Kraus und Elvis und Ted Herold und so. Die haben ja damals auch Filme gedreht, Musikfilme. Da bin ich dann im Westen im Kino gewesen und dann war ich Feuer und Flamme und wollte unbedingt Gitarre spielen. Dann hab ich im Westen im Bahnhof Zoo im Musikgeschäft eine Werbung gesehen „Lernen Sie in sieben Tagen die Peter Kraus-Gitarre“. Und da war ich begeistert und hab mir dieses Heft gekauft. Dann brauchte ich natürlich noch eine Gitarre. Ich habe dann in den Ferien beim Ernteeinsatz im Oderbruch Kartoffeln gesammelt und dann hatte ich als die Ferien vorbei waren, so ungefähr vierzig Ostmark verdient. Da hab ich mir dann für siebenunddreißig fünfzig eine Gitarre gekauft im Osten. Eine ganz einfache Gitarre mit ’ner Palme vorne drauf.“
[…]
Die Musikschule (hier besonders die renommierte „Musikschule Friedrichshain“) spielte nur bei der Ausbildung zum Berufsmusiker eine Rolle:
CW: „Ich bin dann 1977 auf die Musikschule Friedrichshain gekommen und habe dort vier Jahre meinen Sonderklassenabschluss gemacht. Eigentlich war das eine Berufsausbildung, aber die wurde dann mittendrin gekappt und auf die Hochschule deligiert. Dann bin ich auf die Hochschule134 gegangen und habe dort meinen Berufsmusiker im Fach Klavier gemacht.“
MC: „Nachher war ich dann auf der Musikschule Friedrichshain und dann sollt ich auf die Profiprüfung vorbereitet werden […] dann kam die Wende und dann gab’s das auf einmal alles nicht mehr.“135
Dem Berufsmusikerdasein ging bei allen Interviewten eine abgeschlossene Ausbildung in einem anderen Beruf voraus, was meistens auf Wunsch des Elternhauses geschah:
[…]
Christian Weise erklärt die Hintergründe seines Werdegangs zum professionell arbeitenden Musiker:
CW: „Es ging aber nur, indem man irgend einen Abschluss hatte. Damit bekam man dann die berühmte Pappe in die Hand gedrückt und brauchte nebenbei nicht mehr arbeiten. Es war mit der ganzen Arbeiterei damals auch nicht so gut möglich, weil die Bands in den 70er, 80er Jahren Konzerte gehabt haben ohne Ende. Also, wir haben zwischen zwanzig und dreißig Gigs im Monat abgeklingelt. Und da war das nicht möglich, nebenbei zu arbeiten. Da war mir also beinah von Anfang an, als ich mit der Rockmusik begann, klar, dass ich Berufsmusiker werden möchte.“
Aufgrund der guten Auftragslage zur damaligen Zeit war es für Christian Weise demnach unmöglich, als Amateurmusiker zu arbeiten, was bedeutete, dass er sich entweder ganz oder gar nicht für diesen Beruf entscheiden musste. Mit dieser Entscheidung war eine entsprechende Ausbildung verbunden, durch die Christian Weise schließlich den Berufsausweis erhielt.
Durch den plötzlichen Erfolg von „Rockhaus“ und den „Puhdys“ vollzog sich der Übergang zum Berufsmusiker bei Mike Kilian und Dieter Hertrampf nahtlos:
2 Eigenkompositionen
Hinsichtlich der Veränderung des Anteils an Eigenkompositionen am Gesamtrepertoire nach der Wende konnte für die einzelnen Interviewpartner Folgendes festgestellt werden: Bis auf die Bands von Matthias Claus, die fast ausnahmslos im Cover- und Tanzmusikbereich tätig waren, hatten Eigenkompositionen in den Bands der anderen Interviewpartner einen sehr hohen Stellenwert.
MC: „…ich war also nie Musikerfinder, hatte gar nicht den Drang dahin. […] ich hab immer probiert, Titel so originalgetreu mit der Band nachzuspielen, wie es eben ging, und hab damit eben auch schon immer mein Geld verdient. Und das zieht sich ja bis heute eigentlich durch.“
Christian Weise äußerte sich zum Anteil der Eigenkompositionen folgendermaßen:
CW: „…summasummarum waren das schon sechzig, siebzig Prozent eigene Kompositionen. Der Rest waren international, damit die Leute auch mal ’n bisschen was hören, was sie kennen.“
„Rockhaus“ entwickelte sich von einer Tanzmusikkapelle, die internationale Titel nachspielte, zu einer Band mit eigenen Kompositionen.
MK: „…wir haben ja in den ersten Jahren fünf Stunden zum Tanz gespielt. Und… ja, dann haben wir angefangen, unsere eigenen Sachen zu machen…“
Auch die „Puhdys“ begannen mit nachgespielten Songs von Hardrockbands wie „Deep Purple“, „Uriah Heep“ und „Led Zeppelin“, bevor sie mit deutschen Eigenkompositionen bekannt wurden.136
Nach der Wende haben sich hinsichtlich des Anteils der Eigenkompositionen am Gesamtrepertoire bei Christian Weise die größten Veränderungen ergeben. Seine Band, die vor der Wende hauptsächlich eigene Stücke gespielt hat, hat sich nach der Wende zu einer Hardrock-Coverband entwickelt, die ausschließlich international bekannte Titel darbietet.
Christian Weise erklärt, warum seine Band nach der Wende keine eigenen Kompositionen mehr spielt:
CW: „Ich komponiere für mein Leben gern und ich glaube auch, dass die Lieder, die ich so mache, eigentlich gar nicht so verkehrt sind. Es kommt immer darauf an, was man will. Wir waren zu Zeiten der Wende schon alle so um die fünfunddreißig Jahre alt und wenn wir fünfundzwanzig gewesen wäre, hätten wir gesagt, wir starten noch mal durch, wir machen noch mal richtig Druck und werden noch mal Platten anbieten und Titel machen und uns den ganzen Stress mit dieser Musikindustrie antun. Aber dazu muss man wissen, dass die Musikindustrie eigentlich gleich nach dem Waffenhandel kommt. Das ist so ’ne brutale Szene, das geht überhaupt nicht und von den Kompositionen bleibt meistens, wenn man Plattenverträge hat, nicht mehr viel übrig. Und wie sieht’s aus mit Muggen137? Wer will die hören? […] Will ich im Jahr drei Konzerte machen und meine eigenen Kompositionen darbieten, einem Publikum zwischen fünfzig und siebzig Leuten, die sich dann darüber freuen, aber das war’s dann auch oder will ich wirklich Musik machen. Und ich bin Musiker vom Scheitel bis zur Sohle und ich möchte gerne spielen. Das heißt, wir haben gesagt, wir werden natürlich wesentlich mehr Leute erreichen, wenn wir Sachen spielen, die sie kennen und das macht ja auch nach wie vor Spaß und somit haben wir auch die Muggen. Und können damit auch ein bisschen Geld nebenher verdienen. Und nehmen wir mal an, so ein Lied, darauf wird wirklich jemand aufmerksam, dann geht’s um Urheberrechte und sobald’s um Kohle geht, richtig Kohle geht, sind schon ganz viele Bands auseinander geflogen und das will ich der Band ersparen. Nach zwanzig Jahren, denk ich mal, passen wir so gut zusammen und das ist so ein schönes Musizieren miteinander da auf der Bühne und mit dem Stammpublikum inzwischen, was ja auch nicht so wenig ist… was ja von Jahr zu Jahr immer mehr wird… ich will uns das einfach nicht antun.“
Die Gründe, weshalb sich die Band nach der Wende für Coversongs entschieden hat, basieren demnach alle auf der heutigen Beschaffenheit der Musikindustrie: Ältere Künstler werden kaum produziert, da die größte Zielgruppe für die Plattenfirmen die Jugendlichen sind, Eigenkompositionen werden häufig verändert und dem allgemeinen Musikgeschmack angepasst und der mögliche kommerzielle Erfolg kann zu Zerwürfnissen in der Band führen. Das ausschlaggebende Argument für die Entscheidung, Hardrock-Coversongs zu spielen war jedoch, auf diese Weise möglichst oft live spielen zu können, da das Repertoire ein größeres Publikum anspricht als Eigenkompositionen. Auch der ökonomische Aspekt spielte bei der Entscheidung eine Rolle.
[…]
Die heutige Band von Matthias Claus spielt Top 40-Coversongs (analog zur damaligen Tanzmusik), so dass Eigenkompositionen nach wie vor der Wende bei ihm keine Rolle spielen. Bei Mike Kilian finden sich beide Richtungen: Einerseits schreibt er weiterhin eigene Stücke, die er nunmehr als Solokünstler mit Band präsentiert, andererseits ist er Mitglied in einer „Rolling-Stones“-Coverband. Die „Puhdys“ präsentieren weiterhin ausschließlich neue wie alte Eigenkompositionen.
Die Inhalte der Texte der Eigenkompositionen haben sich nach Aussage der Interviewpartner nach der Wende jedoch nicht verändert.
[…]
Weder „Rockhaus“ noch die „Puhdys“ haben somit politische Themen in ihren Stücken angesprochen. Die Texte handelten vorwiegend von Liebe und alltäglichen, allgemeinen Problemen der Menschen. Dadurch konnten sie vor der Wende auch das Publikum in Westdeutschland erreichen. Darüber hinaus sind die Texte auch heute noch aktuell und gehören teilweise immer noch zum Repertoire.
Die Texte der Eigenkompositionen mussten vor der Wende in deutscher Sprache geschrieben sein:
CW: „Die Texte waren auf deutsch. Wir durften ja keine englischen Texte machen, das war verboten.“
Die deutsche Sprache der Texte wurde jedoch nach der Wende von den „Puhdys“ und auch von Mike Kilian beibehalten:
MK: „Immer noch auf deutsch, ja. Das find ich auch gut so. Will ich auch so lassen.“
3 Kulturpolitische Einflüsse
Das Verhältnis zwischen Staat und Rockmusik beschreiben die Interviewpartner folgendermaßen:
CW: „Sehr, sehr eng. Der Staat hat versucht, ähm, hat versucht, ja, so ’ne kleine Subkultur ja aufzubauen, weil wir waren ja eingesperrt, und so was ähnliches dem, dem, dem Volke zu bieten, was im Westen ist. Damit wurden ja die einzelnen Kategorien, also Hardrockband, Kunstrockband, äh, weiß ich hier, die ganzen Schubfächer wurden da aufgemacht. Wir hatten ja alles und, äh, die wurden auch staatlich gefördert und… der Staat hatte ’n ziemlich, äh, äh, starkes Verhältnis zu, zu den Musikanten, durch die ganzen Institutionen, „Komitee für Unterhaltungskunst“, “Konzert- und Gastspieldirektion“, und alles drum und dran, die sich also auch wirklich gekümmert haben, muss ich sagen…“
MC: „… na ja, sagen wir mal so, […] die haben ja […] vor uns scheinbar immer irgendwie so ’n bissel Angst gehabt, weil wir also neben dem Staat in der Lage waren, viele Leute um uns zu scharen oder vor die Bühne zu kriegen […] da hätte man nur das Richtige sagen müssen von der Bühne oder so und dann […] hätte das schon eskalieren können irgendwie. […] Und so, äh, war das […] schon immer irgendwie […] so ’n angespanntes Verhältnis, dann wir hatten auch immer irgendwelche Leute […] im Publikum, die hat man schon, auf, auf Anhieb […] erkannt, die waren dann einfach Stasi, ne. […] Aber trotzdem haben die das ja, ähm, verstanden, […] die Jugendlichen irgendwie an sich zu binden, an den Staat […] und haben dann auch große Rockfestivals […] ins Leben gerufen […] und dann auch FDJ pipapo. […] Und dann haben die, äh, das eben für sich eben auch ausgenutzt, ne.“
Eine enge Verbindung zu den Musikern hatte der Staat durch das breite Netz an kulturpolitischen Institutionen (wie beispielsweise durch das genannte „Komitee für Unterhaltungskunst“ oder die „Konzert- und Gastspieldirektionen“138) aufgebaut. Dieses diente einerseits dazu, die Rockmusik(er) zu kontrollieren und in den Bahnen der sozialistischen Ideologie zu lenken. Mittels der erwähnten Rockfestivals benutzte der Staat die Musiker auch dazu, die Jugendlichen „an sich zu binden“. Andererseits wurden über dieses Netz auch die intensiven staatlichen Fördermaßnahmen für junge, talentierte Musiker und Bands realisiert. Das Verhältnis zwischen Rockmusik und Staat bewegte sich demnach zwischen Kontrolle, Lenkung und Förderung.
Zu den Kontrollmaßnahmen gehörten insbesondere die Repertoirequotenregelung139 und die Textzensur. Inwiefern dadurch ihre künstlerische Freiheit beeinflusst wurde, schilderten die Interviewten wie folgt:
CW: „Die Repertoirequotenregelung haben wir alle unterlaufen. […] Wir haben hundert zu null gespielt. Das einzig blöde war bei den Gruppeneinstufungen, da musste man dann so eine Titelliste vorlegen mit den ganzen DDR-Nummern, die man dann spielen sollte und wenn man Glück hatte, tippten die auf einen Titel, den man wirklich zufällig spielen konnte, wenn man Pech hatte, war es einer, den man nicht spielen konnte und dann großes Hüsteln auf der Bühne… Aber ich glaube die Jury da unten, die Leute, die da saßen, wussten genau Bescheid. […] Es gibt ja diesbezüglich im Radio auch jetzt Bestrebungen, das zu reglementieren. Halt ich für sehr, sehr übel.“
Die Textzensur kritisiert Christian Weise folgendermaßen:
CW: „Die Textzensur, absolut widerwärtig. Damit wurden Kompositionen und kreative Leute gebremst ohne Ende. Es gab dann mutige Bands wie „Pankow“ oder „Silly“, die hatten aber auch schon einen Namen, denen konnten sie nicht allzu viel streichen. Kleine Bands, die nach oben wollten, da wurde alles weggeknallt, was wegzuknallen ging. Da ging’s um Wörter, um wirklich zwei, drei Wörter im Text, wenn die nicht gestimmt haben, wurde der ganze Text weggeschmissen.“
Wie Christian Weise beklagte, wurde dadurch die Kreativität der Musiker stark eingeschränkt. Von der Textzensur, die äußerst akribisch und streng vorgenommen wurde, waren demnach vor allem Bands betroffen, die wenig populär waren.
Dieter Hertrampf von den „Puhdys“ und Mike Kilian von „Rockhaus“ hatten kaum Probleme mit der Textzensur, was jedoch andere Gründe hatte:
DH: „Musik konnte man immer machen. Die haben sich immer dann bloß an den Texten festgehalten. Wir hatten eigentlich dann auch schon die Schere im Kopf und haben gesagt, lass es weg und entschärfe das da ein bisschen. Wobei es ja nichts groß zu entschärfen gab, denn die Probleme, die wir angesungen haben, waren globaler Natur und wir haben ja nicht die DDR beschimpft, also wir waren keine Revoluzzer in dem Sinne. […] Das wollten wir auch gar nicht sein. Wir wollten Musik machen und wollten uns nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen, also da wären wir schön blöd gewesen […] Und insofern haben wir sehr kommerziell gedacht. […] wir sind ja Musiker und keine Weltverbesserer. […] Oktoberklub und diese Liedermacher, für die war das okay. Die sollten die Welt verändern, aber wir wollten Musik machen.“
Wie bereits oben bei der Frage nach den Textinhalten festgestellt, waren die Texte der „Puhdys“ nicht politisch. Dieter Hertrampf verdeutlicht hier, dass seine Band Musik um ihrer selbst Willen und aus Freude am Musizieren gemacht hat und nicht aus einer politischen Intention heraus. Darüber hinaus hätten derartige Texte den Verlust ihres Status als „Vorzeigeband der DDR“ bedeutet, was sie nicht riskieren wollten. So verhinderte bereits die „Schere im Kopf“ provokante Textstellen.
Auf die Frage, ob der Staat in irgendeiner Form seine künstlerische Freiheit beeinflusst hätte, antwortete Mike Kilian:
MK: „Nee, überhaupt nicht. […] Also, insofern, war der Staat schon so, dass er gesagt hat, wir müssen jetzt mal ein bisschen was lockern […] Und das war ja eigentlich ein guter Schachzug, […]. Dadurch hat die Jugend wieder gedacht, guck mal, geht ja doch irgendwie. […] und diesen Schachzug haben wir natürlich so mitgenommen.“
„Rockhaus“ profitierte also hinsichtlich der Textzensur von der politischen Situation in den achtziger Jahren, in der die SED den Rockmusikern und dem Publikum Zugeständnisse machen musste.
Die Lenkung der Rockmusik durch den Staat bekam Christian Weise folgendermaßen zu spüren:
[…]
Darüber, ob man die eigenen künstlerischen Intentionen eher im Sozialismus oder im Kapitalismus durchsetzen konnte, waren die Musiker folgender Ansicht:
CW: „Hm… letztlich nirgendswo. […] Weil, früher war das so, dass man reglementiert wurde, mit den Texten… und heutzutage wird man durch die Plattenfirmen reglementiert.“
Etwas differenzierter sehen Dieter Hertrampf und Mike Kilian diesen Aspekt:
DH: „Du kannst dich jetzt natürlich genauso verwirklichen, bloß, da wird keiner zuhören, wenn du keinen Markt hast. Die Industrie guckt schon ganz genau, ist das was […], können wir das verkaufen. Ob es gut ist oder nicht, spielt ja für die überhaupt keine Rolle heutzutage […] Bloß, das war in der DDR auch schon so, das war auch Kommerzialisierung, die wollten auch Platten verkaufen. Da hat die „AMIGA“ genauso gedacht…“
MK: „…das ist genau dasselbe wie damals im Osten. Im Osten hast du auch praktisch […] bei so ’nem Typen gesessen, […] so einem Plattenfuzzi, der dir erzählt hat, […] ihr müsst die Gitarren noch ’n bisschen leiser machen. Also, die dachten sich, sie haben von Musik Ahnung und so. Das ist ja jetzt genau dasselbe. Du sitzt bei so ’nem Pimpel, der halt Angst hat um seinen Job, weil […] von zwanzig Bands, die da am Tag kommen, darf er sich keine Fehlentscheidung leisten. Also, früher schon eher. […] Und da hörst du ähnlich diese ganzen… Laberlabers wie damals…“
Letztendlich entschied demzufolge auch in der DDR die Nachfrage des Publikums darüber, ob eine Band mit ihrer Musik Erfolg hatte oder nicht. Ein interessantes Phänomen diesbezüglich ist, dass die Musikbranche innerhalb der Planwirtschaft des Sozialismus nach marktwirtschaftlichen Mechanismen funktionierte.
Auf die Frage, inwiefern das System der Einstufung der Amateurmusiker in der ehemaligen DDR die künstlerische Qualität der Rockmusik beeinflusst hat, antwortete Mike Kilian:
MK: „…die [künstlerische Qualität] war, glaub ich, schon ziemlich hoch. […] Weil es ja auch so im Prinzip gefördert wurde oder du gezwungen warst, da irgendwie was zu machen.“
Auch Christian Weise ist dieser Meinung:
CW: „Diese ganze Einstufungsvariante halte ich für im Nachhinein, mit dem was ich diesbezüglich auch zwanghaft gelernt habe, für sehr, sehr positiv.“
[…]
Technisches Können war jedoch weder Garant noch Voraussetzung für kommerziellen Erfolg, wie Dieter Hertrampf und Mike Kilian ansprechen:
DH: „…letzendlich war es wurscht, der Erfolg, hat einem ja Recht gegeben, dass das gar nicht das wichtigste war.“
MK: „Du konntest auf die Musikschule gehen, konntest auch ’ne Eins haben in Noten und ’ne Eins im schönen Singen, bist dann auf die Bühne gekrochen und hast das Lied gesungen, dann haben die Leute gebrüllt, geh nach Hause. Also das, denk ich, entscheidet dann sowieso der Markt.“
Trotz der im Nachhinein positiven Bewertung der Einstufungspflicht, wurde diese damals von den jungen Musikern als lästiges Übel empfunden:
CW: „[W]ir haben alle gemeckert wie die Rohrspatzen damals und haben gesagt […] wir wollen nur Musik machen. Wir wurden gezwungen, ’ne Ausbildung zu machen…“
[…]
Ein interessanter Aspekt ist die Bewertung der von den Interviewpartnern selbst angesprochenen Jurymitglieder:
[…]
Die obligatorische Ausbildung für Musiker in der ehemaligen DDR empfindet Dieter Hertrampf insofern als negativ, als dass dadurch seiner Ansicht nach Individualität und Kreativität unterdrückt wurden und insofern eine „Nivellierung“ des musikalischen Nachwuchses stattfand:
DH: „Also, das hat nicht geschadet, aber ich weiß nicht, ob’s geholfen hat. […] es gab ja unheimlich viele junge, kreative Leute. Man hat die verbogen […], jemand, der ’ne Ausstrahlung hat und ’ne Spontaneität, wenn man den dazu gezwungen hat, ’ne Ausbildung zu machen, hat der zum Schluss gesungen wie alle […] da ist die Individualität flöten gegangen.“
Die heutigen Ausbildungsmethoden berücksichtigen insofern nach Dieter Hertrampf eher die Persönlichkeit der jungen Musiker:
DH: „Also, so wie’s heute ist, […] es gibt ja überall Angebote, private Musikschulen überall, und da lernen die Leute auch was ohne verbogen zu werden, aber sie kriegen schon ein gewisses musikalisches Verständnis mit auf den Weg und das ist besser meiner Meinung nach.“
Die künstlerische Qualität der heutigen Rockmusik ist nach Einschätzung der Interviewpartner jedoch auch ohne Ausbildungszwang nicht geringer als die damalige. Christian Weise, der mit Nachwuchsbands arbeitet, führt dazu aus:
CW: „[E]s gibt sehr viele gute Bands und sehr guten Nachwuchs. Die jungen Musiker sind heute wesentlich genauer und wesentlich zielstrebiger als wir und das find ich ja gut so. Es gibt allerdings auch eine Menge solcher Bands und eine ganze Menge Bands, die […] doch immer in ihrem eigenen Saft schmoren und […] nicht weiterkommen. Aber die gibt’s immer, davon rede ich nicht. Ich glaube, dass die Qualität, der jungen Musiker, von denen, die wirklich was wollen, genauso ist, wie das früher war, nur dass die jungen das heute freiwillig machen und wir zwangsläufig. Das ist der Unterschied.“
[…]
Heutzutage muss jeder Nachwuchsmusiker sich selbstständig um eine gute Ausbildung bemühen. Über kommerziellen Erfolg und Misserfolg entscheidet letztendlich jedoch, wie auch in der DDR, nicht die künstlerische Qualität oder das technische Können der Musiker, sondern der Geschmack des Publikums:
MC: „Ja, und heute wie gesagt kann jeder machen was er will und… heut kommt’s nur drauf an, ob das den Leuten gefällt, die hingehen zu den Konzerten. Wenn die schon als junge Bandrgen Konzerte auf die Beine stellen und da kommen Leute hin und die finden das geil, dann haben die Erfolg und dann wird das vielleicht irgendwann größer und so weiter und so fort […] und kann sich ganz alleine entwickeln. Und nicht wie damals.“
MK: „Heute macht das jeder autodidaktisch und muss sich kümmern und dann entscheidet’s einfach knallhart der Markt.“
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136 Vgl. Hintze (1999/2000), S. 234.
137 „Mugge“ ist die Abkürzung für „musikalisches Gelegenheitsgeschäft“.
138 Vgl. dazu auch Kapitel 2.1.3.
139 Vgl. dazu Kapitel 2.1.3.
134 Gemeint ist die „Hochschule für Musik Hanns Eisler“ in Berlin.
135 Dennoch war Matthias Claus Berufsmusiker, da seine Band als professionelle Band eingestuft worden war.
Hab den Text NICHT GANZ gelesen hab ich sagen wollen sorry, aber das werde ich noch 😉
Nur so wegen dieser „Entspannungspolitik“ ist die DDR aber gescheitert. Mit der Anerkennung der BRD hat der erste sozialistische Staat auf deutschem Boden sein Grab geschaufelt. Man weiß ja, das die BRD die DDR sowieso bekämpft hatte und die Nationale Frage den Westdeutschen Kapitalisten überlassen. Wenn man mal nach Nordkorea schaut kann man sehen, das die KDVR auch heute noch existiert und bestimmt nur weil die Nationale Frage nicht dem Süden überlassen wurde und wird. Die Koreanische Demokratische Volksrepublik hatte nicht den selben Fehler wie die DDR unter Erich Honecker begangen und sieht sich nämlich bis heute noch als den rechtmäßigen Koreanischen Nationalstaat.
Die DDR hat öfter mal versucht das richtige zu tun. Aber so ist das eben, es gibt kein Patentrezept. Aber nimmt man die Entwicklung von einer Volksdemokratie der Griechen bis heute so war die DDR alles in allem einer der sozial erfolgreichsten Staaten aller Zeiten und wenn sie die leidige Episode im Kapitalismus hinter sich lassen würde, könnte sie mit den Erfahrungen die sie nun hat noch erfolgreicher werden.
Mit Korea kann man das nur bedingt vergleichen, ihnen fehlt die Wirtschaftskraft und wir erfahren auch sehr wenig und ausschliesslich negatives über das, was dort wirklich los ist. Viel besser macht es meiner Meinung nach Venezuela, aber auch da versuchen Kapitalisten einen Putsch zu initiieren. Wenn ich Maduro wäre, würd ich die ganze Opposition raus schmeissen, bevor die erfolgreich putscht.
Venezuela ist auch SEHR interessant und ich derren politischen Leistungen an 😉
Allerdings hab ich nix gegen Honecker. Aber die „Entspannungspolitik“ sowie der BRD „symbolisch“ die Hand reichen indem man auf die Deutschen Einheit abtretet war meiner Meinung nach der GRÖßTE Fehler! Man hätte es so machen sollen wie Kim Il Sungs „Zehn Punkte-Programm zum großen Zusammenschluss der ganzen Nation für die Vereinigung des Vaterlandes“
Hier mal der Link: http://www.naenara.com.kp/de/one/nation.php?1+10point
Über Honnecker wird die Geschichte richten. Ich empfand ihn als verstaubt.
Er hätte mehr dem Volk zuhören müssen und er hätte ihm seine Politik nahe bringen müssen.
Du bist aber sehr an Korea interessiert, gibts dafür einen speziellen Grund?
Na ja was soll man sagen, perfekt finde ich Nordkorea jetzt nicht. Wie du schon sagtest hört man nichts Gutes über der KDVR insbesondere über die dortige Wirtschaftskraft, aber wenn doch die DDR sich zumindest an der Nationalen Frage an Nordkorea gleich getan hätte, gäbe es die DDR mit Sicherheit heute noch 😉
Die SED ist an der Nationalen statt Sozialen Frage gescheitert.
Die Politik der DDR ist hauptsächlich an der fehlenden Reisefreiheit und der fehlenden Westerfahrung seiner Jugend gescheitert.
So aber sind sie ahnungslos direkt vom Regen in die Traufe gerannt.
Hab den Text jetzt nicht gelesen und fast nur überflogen. Was mich aber interessiert, ob man die Nationalhymne der DDR WIRKLICH seit 1973 nur noch instrumental aufgeführt hatte? Wenn ja, dann hätte man doch wenigstens statt „Einig“ deutsches Vaterland eben „heilig“ deutsches Vaterland singen können 😉
Naja das hatte politische Gründe. Die DDR wurde für alle Deutschen gegründet die ja auch (als es noch ging) an der DDR-Verfassung mitgearbeitet haben.
Bis 1972 hielt die DDR an der Wiedervereinigung fest.
Doch 1972 wurden BRD und DDR gleichberechtigt Mitglied der UNO in einem Sonderstatus. Dies setzte vorraus das beide Staaten den Status Quo anerkennen – als auch die BRD erkannte die DDR an.
Aus diesem Grunde konnte man nun nicht mehr international „einig Vaterland“ singen, und „heilig“ ist in einem atheistischen Arbeiter- und Bauernstaat auch nicht gerade passend. Die DDR glaubte damals das dies der Entspannungspolitik dient und wollte der BRD symbolisch die Hand reichen.
Aber ich find es schade das du den Text nicht wirklich gelesen hast, denn es geht ja gerade darum den Mythen und Märchen der Systempresse mal die Wahrheit entgegen zu setzen.