Der Streit um Thüringens Millionenzahlungen an den hessischen Konzern Kali und Salz (heute K+S AG im Besitz er BASF) nach der sogenannten Kali-Fusion vor 21 Jahren mündete im Juni 2014 in einer Anhörung im Umweltausschuß des Freistaats. Damals verfügt die westdeutsche hessische Kali + Salz AG in der BRD über einen Marktanteil von rund achtzig Prozent. Ihr Zusammenschluß mit der ostdeutschen Kali AG (MDK) machte das heimische Monopol perfekt.
Geklärt wurde dabei allerdings wenig: Der Profiteur K+S aus Hessen hält trotz »Löchern im Netz« an der Geheimhaltung fest, genau wie Ex-Kanzler Kohl. Die »Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben« schickte als Nachfolgerin der Treuhand und somit Vertragspartnerin nicht einmal einen Vertreter. Die CDU erwägt eine Klage, die SPD einen Untersuchungsausschuß, und die die Linksfraktion will die noch immer laufenden Zahlungen des Landes bis zur Offenlegung einstellen.
Als Streitpunkt bleibt, wer für die Sicherung der 1993 von K+S aus Hessen stillgelegten Thüringer Kali-Gruben aufkommt, denn die unterirdischen Hohlräume müssen aufwendig verfüllt werden, um etwa Erdrutsche zu verhindern. Dafür überweist Thüringen jeden Monat rund zwei Millionen Euro an den Konzern.
Eigentlich ist der Bund für Bergsicherung zuständig. Doch der hatte sich 1999 mit einem Fonds von 800 Millionen DM (409 Millionen Euro) »freigekauft«. Dafür übernahm Thüringen das volle Risiko (jW berichtete).
Heute ist das Geld aufgebraucht, und über weitere Kosten wird spekuliert: Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz (CDU) hatte vorige Woche von 4,6 Milliarden Euro gesprochen. Er berief sich dabei auf ein laufendes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Meiningen.
K+S aus Hessen hatte gegen das Land Thüringen geklagt, weil das kurzzeitig die Zahlungen eingestellt hatte. Dabei habe das Unternehmen diese Summe von 4,6 Milliarden Euro genannt, so Reinholz.
Das Gericht hatte K+S aus Hessen schon 2012 aufgefordert, alle Vertragsteile offenzulegen – vergeblich.
Zu Jahresbeginn hatte der Konzern die weiteren Kosten auf zwei Milliarden Euro geschätzt, die die Thüringer noch überweisen sollen. Jetzt im Juni 2014 sprach K+S aus Hessen nach Angaben des MDR von etwa 300 Millionen in den nächsten rund 100 Jahren, allerdings nur für das geschlossene Werk in Merkers.
SPD-Sozialministerin Heike Taubert forderte bei der Anhörung einen neuen Untersuchungsausschuß ab September nach der Landtagswahl. Nach ihrem Willen sollen dort alle an der Fusion Beteiligten »Rede und Antwort stehen«. Üblicherweise verläuft sowas dann im Sande.
Linksfraktionschef Bodo Ramelow hält davon nichts. Er verlangte statt dessen, die Zahlungen an den Konzern einzustellen, bis alles auf dem Tisch liege.
Die CDU zeigte sich uneinig. Während Finanzminister Andreas Trautvetter dem linken Ramelow zustimmte, will Reinholz (CDU) weiter zahlen und eine »Lösung auf dem Verhandlungsweg finden«. Das letzte Mittel sei die Klage, so der Umweltminister.
Unterdessen war ein Brief des Staatskanzleiministers Jürgen Gnauck (CDU) bekannt geworden, wie die Thüringer Allgemeine (TA) berichtete. Gnauck habe darin frühere Minister aufgefordert, »öffentlich nicht in Plauderlaune zu verfallen«. Was es da zu Plaudern gab, wird also im Dunkeln bleiben.
Noch aus der Anhörung im Umweltausschuß heraus rügte Thilo Kummer (Die Linke) den fehlenden Aufklärungswillen der Staatskanzlei und forderte neue Verhandlungen.
Und der SPD-Abgeordnete Frank Weber kritisierte, Gnauck übe Druck aus.
Weber war es auch, der dieser Tage die von der Treuhand forcierte Kali-Fusion mit der Kohlschen CDU-Spendenaffäre von 1993 in Verbindung brachte. Gegenüber der TA verwies Weber auf eine Einzelspende von 900.000 DM (460.000 Euro).
Er vermutet, daß das Geld von K+S aus Hessen oder dessen Mutterkonzern BASF kam, da es kurz nach dem Vertragsabschluß geflossen sei. Die Summe, so Weber, sei im Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses für den Spendenskandal dokumentiert. Der BASF-Hauptsitz liegt im einstigen Wahlkreis Helmut Kohls. Außerdem hatte der spätere Altkanzler als Referent beim Landesverband der chemischen Industrie in Rheinland-Pfalz fungiert.
»Die Verflechtungen zwischen Kohl und BASF galten als eng«, sagte Weber der Zeitung.
Auch der damalige thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) stammte aus Rheinland-Pfalz. Auf TA-Nachfrage habe die Bundes-CDU wiederholte Spenden der BASF eingeräumt und auf den Rechenschaftsbericht verwiesen. Das Unternehmen habe dies bestritten. Nachzuweisen sind die Vermutungen wohl nicht mehr. Die Aufbewahrungsfristen sind abgelaufen.
Auch das Interesse des Bundes, die Kali-Fusion aufzuklären, scheint gering. Schon im Jahr 2000 stellte sich bei einer Nachprüfung heraus, daß der Bundesausschuß, der in den 90ern die Treuhandprivatisierungen aufarbeiten sollte, offenbar nicht in den Besitz aller Originaldokumente gelangte.
Diskussionen
Es gibt noch keine Kommentare.