Gedicht von Erich Weinert
Heut steh ich, nach dem fünfzigsten Verbote,
von neuem auf aus wochenlanger Haft.
Und wieder ruft mein Wort, das flammenrote,
zum Widerstand, in ungebrochener Kraft.
Stets, wenn ich eure dunklen Kreise störte,
erzwangt ihr mit Gewalt, dass ich nicht sprach,
damit die Masse nicht die Wahrheit hörte.
Ich musste schweigen, doch ich gab nicht nach.
Ihr Herrschenden auf groß und kleinen Sesseln so
tief ihr die Partei der Zukunft hasst,
soviel Verordnungen ihr auch verfasst:
Den Geist der Wahrheit legt ihr nicht in Fesseln.
Ihr hieltet mich in Drangsal und Beschwerde.
Zur Sicherheit des Volks? Ich weiß Bescheid.
Denn das, was ich in Wirklichkeit gefährde,
ist doch nur eure eigne Sicherheit!
Ihr habt geglaubt, dass unsere Stimmen schwiegen,
wenn ihr die „Rote Fahne“ unterdrückt.
Ihr irrt. Das Wort der Wahrheit zu besiegen,
ist selbst dem Eisenkanzler nicht geglückt.
Mit Paragraphen bin ich nicht zu schwächen.
Trotz aller Feinde kommt ein Tag herbei,
da werden viele „Rote Fahnen“ sprechen.
Doch deren Sprache ist von Ketten frei!
„Die Rote Fahne“ spricht – 1932 Erich Weinert „Das Zwischenspiel“
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